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Meister Ecke-

hart über die

Seele

Der Zerstreuer:

„Übernatur” — da haben wir’s! Du mußt der Wahrheit entsagen.

Du mußt schwärmerisch, überschwenglich werden, um dem nüch-

ternen Urteile der Wissenschaft zu entfliehen.

Der Sammler:

Keineswegs! Von Schwärmerei sind wir hier weit entfernt, vielmehr

handelt es sich um eine strenge Analysis, wie ich dir beweisen werde.

Ebenso wie du den Stein mit Händen greifst; ebenso wie du im

Brote Kohlehydrate und im Eiweiß Stickstoff feststellst: ebenso

sicher stellst du anderseits etwas Unstoffliches, nämlich rein Gei-

stiges, in dir fest, z. B. das Denken und besonders das Richtige und

Unrichtige im Denken (im Gegensatze zu mechanischer Abfolge

in der Natur, z. B. der Gravitation, die weder „richtig” noch „un-

richtig” sein kann, sondern nur schlechthin is t, mit blinder Not-

wendigkeit); und ebenso sicher vermagst du auch die Übernatur

im menschlichen Wesen zu entdecken und dich in ihren Besitz

zu setzen.

Der Zerstreuer:

Darauf bin ich begierig. Komme mir aber nur mit nüchtern und

genau geprüften Tatsachen. Der Idealismus bleibe das Ziel — aber

nicht gegen die Tatsachen!

Der Sammler:

Die Nüchternheit und Genauigkeit ist unser Feind nicht. Was

wir fürchten, ist nur — die Oberflächlichkeit, ja Plattheit. Nüchtern-

heit und Plattheit nicht zu verwechseln, darauf kommt viel an in

unseren Beweisgängen.

Der Mensch kann gar keine zu hohe Meinung von sich haben,

wenn er sich nur selbst erkennt!

Zuerst laß uns einen großen Meister darüber hören. Meister

Eckehart, der allverehrte, sagt: „Die kleinste Kraft in meiner Seele

ist weiter als der weite Himmel.”

Der Zerstreuer:

Wunderbar gesagt, doch inwieferne soll das wahr sein?

Der Sammler:

Ein anderes Wort des Meisters erklärt es. „Wenn sich die Seele

erkennt, so ruht sie von allen Dingen, die hier bei ihr sind, darum daß

sie selber edler und würdiger ist denn alle anderen Dinge in der Zeit.”

Du wehrst ab? Doch warte nur, das soll noch nicht der verspro-