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Der Mensch
gehört der
Geistesord-
nung an
(
Geistesord-
nung gegen
Naturord-
nung)
Nun erschrick nicht, wenn ich behaupte: Eigentlich wäre es nötig,
die materialistische, mechanistische Natur- und Weltauffassung
selbst einer Prüfung zu unterziehen und ihre Unzulänglichkeit dem
wahren, l ebendigen Wesen der Natur gegenüber darzutun. Aber
ich will diesen weiten Weg vermeiden und vielmehr gerade auf
unseren Gegenstand losgehen. Was ich versuchen will, ist, ganz
grundsätzlich genommen:
De iner Ans i cht des Menschen aus der Na turordnung
eine Ansi cht de s Mens chen aus der Geis tesordnung ent-
gegenzus tellen.
Die stoffliche Naturordnung macht Unsterblichkeit unmöglich,
die Geistesordnung macht sie möglich; ja noch mehr, sie fordert
sie als Notwendigkeit — so wird sich erweisen.
Du siehst, auch ich stütze mich nicht auf einen besonderen Lehr-
begriff dieser und jener Art, sondern möchte rein aus dem allge-
meinen Wesen der Sache beweisen, nämlich aus dem grundsätzlichen
Unterschiede der Geistesordnung von der Naturordnung. Ich be-
haupte, daß die ausschließliche Auffassung des Menschen als Natur-
wesen der Grundfehler deiner wie überhaupt der herrschenden
Ansicht sei.
Freilich, wenn man allein das Stoffliche am Menschen gelten
läßt und das Geistige an ihm lediglich als unter der Bedingung des
Stofflichen stehend betrachtet, als „Epiphänomen”, als Nachgeordne-
tes, dann, das ist wahr, ist der ganze Mensch hinfällig und nichtig,
dann ist Unsterblichkeit ein Ammenmärchen.
Aber, immer mehr kam ich im Laufe meines Lebens zu der Über-
zeugung, diese Auffassung hafte an der Oberfläche. Sie dringt nicht
in das Wesen der Sache vor. Sie beruht auf einer unberechtigten
Übertragung des Bildes des äußeren Menschen, sozusagen seiner
im Boden verfaulenden Leiche, auf den inneren Menschen! Nichts
ist folgenschwerer als diese falsche Übertragung und nichts not-
wendiger, aber vielleicht auch nichts schwieriger für den Menschen
von heute, als sich von Grund auf diesem Irrtum zu entziehen.
Der Zerstreuer:
Aber welche andere Auffassung sollte denn mit der Erfahrung
vereinbar sein?
Der Sammler:
Die vom Geiste ausgehende!