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Ich ahne nun die Schwierigkeit, die darin liegt, daß die Erkenntnis

des Geistes nicht aus einer Analysis eines sinnlich-greifbar Gege-

benen schöpft; denn hier muß das, was analysiert werden soll, erst

innerlich verstanden, gleichsam von innen her neu geschaffen wer-

den, ehe es der Analysis als Gegenstand vorliegt!

Indessen bleibt, wie ich glaube, für alle Fälle noch ein Punkt

ganz aufzuhellen. Einerseits, ich bekenne es, tritt uns ein Unver-

gleichliches im Menschen entgegen, dessen Glanz uns blendet — wie

stimmt das aber auf der anderen Seite damit zusammen, daß der

Mensch doch jedenfalls ein sinnlich-leibliches Wesen ist und in

dieser Eigenschaft hinfällig, nichtig, wie andere Naturdinge auch?

Der Sammler:

Wenn du immer wieder darauf zurückkommst, so beweist das,

daß du das die Natur Uberhöhende des Geistes doch nicht fest-

hältst! Du darfst dieses Überhöhende, auf das es doch allein an-

kommt, im entscheidenden Augenblicke nicht wieder vergessen!

Seine Gebundenheit an grob-stoffliche Naturbedingungen zeigt sich

dann nur als das, was es ist: als eine seiner Erscheinungs- oder

Daseinsformen.

In der Geistesordnung steht der Mensch über der Naturordnung,

da besteht er durch seine eigene Wesenheit, durch Lieben, Denken,

Gestalten und Handeln erhebt sich der Mensch in Himmelshöhe

und läßt die Natur hinter sich. Laß uns dies weiter verfolgen, dann

eröffnet sich uns das letzte Geheimnis des Geistes, die Se lbst -

setzung.

Über Stofflichkeit und Räumlichkeit nicht nur, sogar über die

Zeit erhebt sich der Geist, so zeigte sich. Wodurch? Dadurch, daß

seine Setzungen spont an sind. Das heißt nichts Geringeres, als daß

sie der Geist aus sich selbst hervorbringt und dabei sich selbst her-

vorbringt, mit einem Worte, daß sie Selbst se t zungen seien.

Der Zerstreuer:

Du wirst begreifen, daß ein so schwer faßlicher, fast paradoxer

Begriff wie die „Selbstsetzung”, der mir allerdings nicht unbekannt

ist, nicht ohne weiteres überzeugen kann.

Der Sammler:

Gleichwohl ist er jeder tiefer dringenden Geisteslehre unentbehr-

lich und von je zu eigen gewesen.

Nur mit Betrübnis kann ich auf die deutsche Geistesgeschichte

Selbstsetzung