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Laß uns daher, ich bitte dich, noch prüfen. Zuerst: Wir sehen
doch den Geist auch in rezeptiven Zuständen?
Der Sammler:
Gewiß, weil seine Spontaneität allerdings keine absolute ist. Kraft
der Rückverbundenheit istnachobenhin seine Spontaneität zugleich
Rezeptivität, sein Actus zugleich Potenz (so z. B. in ekstatischen,
somnambulen Zuständen) — eine wichtige ontologische Erkenntnis!
Der Zerstreuer:
Wunderbar gesehen! Doch laß uns weiterprüfen, ob uns dieses
Schöpfertum nicht doch nur durch Vorgänge, die uns verborgen
sind, als solches erscheine; ob es sich beim Geiste nicht etwa, wie
die herrschende Psychologie meint, um ein Geschehen handeln könnte,
das wie in der Natur doch durch Mengen, z. B. Vorstellungsmassen,
und damit durch Größen, sozusagen durch Gleichungen mit mehreren
Unbekannten, bestimmt wäre?
Der Sammler:
Diese Frage kann dein Ernst nicht sein!
Die Verständnislosigkeit unserer Psychologen für die Selbst-
setzung erinnert mich an jenen Negerkönig, welchem unter allen
Stücken, die ihm europäische Musikanten vorspielten, das erste am
besten gefiel — das Stimmen der Instrumente.
Der Zerstreuer:
Wie da s ?
Der Sammler:
Der Negerkönig blieb, entzückt, so sehr an den einzelnen Tönen
(und Viertelstönen, die er liebt) hängen, daß er Wesenheit und Ganz-
heit der Tonwerke nicht erfaßte. So auch unsere Psychologen.
Sie bleiben an einzelnen Erscheinungen, den Sinnesempfindungen,
die äußerlich den Anfang machen, hängen, suchen hier, bei den
Reizen beginnend, mathematische Größen und kommen nicht zum
Quellgrund des Ganzen, den Geist, der sich selbst setzt.
Der sich durchforschende Geist ist sich aber nicht unbekannt. Das
Schöpferische des Geistes ist uns kund, weil wir selbst Geist sind.
Bedenke: Das Verborgene am Schöpfertume des Geistes weist auf
geheimnisvolle Befaßtheit in einem Höheren, zuletzt in Gott hin.
Eben sie ist es, die wir höchste Rückverbundenheit nennen, in
der wir als Persönlichkeit uns erst vollenden — denn nur durch
Rückverbundenheit in Höherem ist Selbstbeziehung möglich. Sie,