Table of Contents Table of Contents
Previous Page  54 / 413 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 54 / 413 Next Page
Page Background

52

und Vorrängen. Zusätzliche entscheidende Kategorien sind weiters:

Eigenleben der Glieder, Rang (als verschiedene Ganzheitsnähe),

Leistung (als arteigene Anteilnahme am Ganzen), Entsprechung (als

das Aufeinanderangelegtsein der Glieder).

Anders formuliert: die Anwendbarkeit dieser Hauptkategorien

auf Gegenstände des Seins und Erlebens verleiht diesen den Charak-

ter echter Ganzheiten.

Neben der Zurückweisung bzw. Überhöhung des kausalen Ver-

fahrens durch ein ganzes Gebäude von Kategorien hat das ganz-

heitliche Verfahren gegenüber jenem noch eine entscheidende Über-

legenheit aufzuweisen, nämlich die dadurch erschlossene enge An-

knüpfung der Lehre vom endlichen Sein an die Metaphysik als

Lehre vom Übersein, also an die Philosophie. Damit war auch die

spätere Entfaltung des Spannschen Gesamtwerkes in die philoso-

phische Richtung bereits im Keime angelegt.

Schon die erste Auflage der „Gesellschaftslehre“ (1914) schließt

mit den Sätzen: „Das Endliche fuhrt ... zu einer engen Verbin-

dung mit den Normwissenschaften und, da diese nur Teile der Philo-

sophie sind, zu dieser. Logik, Ästhetik und Ethik, die normativen

Wissenschaften, und was an Metaphysik notwendig dahinter steht,

sind mit der Gesellschaftslehre aufs engste verbunden. Das heißt

also, was wir schon eingangs erkannten, daß sich in der Gesellschaft

das menschliche Ich selber darstellt, daß sie einen e t h i s c h e n

Körper bildet. Die Wissenschaften von der normativen Natur der

Menschenseele sind die Quellen der Gesellschaftswissenschaften . .

Einer Wissenschaftsauffassung, deren Idol die radikale Wertfrei-

heit war, mußte dies naturgemäß als eine Zumutung erscheinen.

Am Schlusse des Vorwortes zur dritten Auflage der „Gesellschafts-

lehre“ (1930) kennzeichnet Spann deren geistigen Ort in seinem

Lebenswerke und sagt ahnungsschwer: „Trifft uns trotzdem das

Ungestüm der Gegner, so bleibt uns nichts übrig als das Bewußt-

sein der guten Absicht und jener Trost, den das Vertrauen auf den

Stern der Geschichte verleiht“ (Bd 4, 4).

Nun: Das „Ungestüm der Gegner“ hat Spann und seinen Kreis

gewiß getroffen. Heute, nachdem es verrauscht und wir in eine

nachneuzeitliche Epoche unseres gesellschaftlichen Lebens und

der Gesellschaftswissenschaften selbst eingetreten sind, scheint die