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100

L i l i e n f e l d

1

hat nach den angeblichen drei allgemeinen Funk-

tionen der im Organismus wirkenden Kräfte die gesellschaftlichen

Erscheinungen in drei Klassen gegliedert. Der physiologischen, mor-

phologischen und „tektologischen“ oder Individuen bildenden

Funktion im Organismus entsprechen die Gebiete der Ökonomie,

des Rechtes und der Politik in der Gesellschaft! — eine Einteilung,

die noch dazu von Lorenz von Steins Systematik der Staatswissen-

schaften (Güterwesen, Staat, Gesellschaft) beeinflußt zu sein scheint.

R é n é W o r m s

2

ferner hat nach vier Gruppierungsarten der

organischen Zellen vier gesellschaftliche Zusammenhänge unterschie-

den, und anschließend auch die Gewebe, Organe usw. behandelt.

Abseits der Organiker hat G u i l l a u m e d e G r e e f nach dem

der Comteschen Philosophie entnommenen Prinzip der abnehmen-

den Allgemeinheit oder steigenden Kompliziertheit sieben „grands

facteurs élémentaires de la structure sociale“ unterschieden: Wirt-

schaft, Familie, Kunst, Wissenschaft, Moral, Recht, Politik

3

; das spä-

tere kompliziertere Gebiet hat immer alle früheren zur Voraus-

setzung, das Frühere aber bedarf des Späteren nicht.

Einen weit geistvolleren Entwurf hat dagegen A d o l p h e

C o s t e

4

geliefert. Er hat die Erscheinungen des gesellschaftlichen

Lebens in zwei Sphären unterschieden: In die eigentlich soziale oder

utilitarische und die idealistische. Die soziale Sphäre charakterisiert

sich dadurch, daß ihre Erscheinungen sich in durchgängiger gegen-

seitiger Abhängigkeit voneinander befinden; als ihre treibende Ent-

wicklungskraft erscheint die Zunahme der Bevölkerung und deren

Konzentration in den Städten. Diese eigentliche soziale Sphäre teilt

sich in drei Gebiete, in welchen je ein selbständiges Entwicklungs-

gesetz wirksam ist: Politik, Weltanschauungen (croyances) und

1

Paul von Lilienfeld: Gedanken über die Sozialwissenschaft der Zukunft,

5 Bände, Mitau 1873—1881.

2

Réné Worms: Organisme et Société, Paris 1896.

3

Guillaume de Greef: Les lois sociologiques, Paris 1893, S. 82; Introduction

à la Sociologie, Brüssel 1886, S. 214 und öfter.

4

Adolphe Coste: Les Principes d’une Sociologie objective, Paris 1899; L’ex-

periences des peuples, Paris 1900. — Eine Darstellung des Systems von Coste

bei F r i t z H a w e l k a : Ein System der objektiven Soziologie, in: Statistische

Monatsschrift, Jg 26, Wien 1900 (welchem auch die obige Mitteilung folgt).