Table of Contents Table of Contents
Previous Page  119 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 119 / 9133 Next Page
Page Background

118

des Begriffs der „bürgerlichen Gesellschaft“ durch H e g e l . Da

Schlözer, der seinen Gedanken selbst nicht weiter verfolgte, unbe-

achtet blieb, so l i e g t b e i H e g e l d i e e i g e n t l i c h e P r i o -

r i t ä t f ü r d i e s e L e h r e . Daß Stein im Innersten aus Hegel

geschöpft hat, ist durch den oben nachgewiesenen dialektischen Auf-

bau seines ganzen Gedankenganges schon gegeben; daß auch Mohls

Gedankengang, wenn auch vielleicht unbewußt, in Hegel wurzelt,

kann, trotz seiner heftigen und gereizten Polemik gegen Hegel

1

,

nicht bezweifelt werden. Man muß sich nur vor Augen halten, daß

seit Hegel die Bearbeitung dieses Begriffes überhaupt nicht zur Ruhe

gekommen ist! Ganz besonders muß da auch auf H e r b a r t

2

ver-

wiesen werden, der das Wesen der Gesellschaft in der Vereinigung

des Willens mehrerer zu einem gemeinsamen Zwecke sah, und sie

so dem Staate, der Macht-Zusammenfassung der Gesellschaft, gegen-

überstellte. Von Herbart ging das Problem vor allem auf die ältere

V ö l k e r p s y c h o l o g i e ( M o r i t z L a z a r u s u n d H e y -

m a n n S t e i n t h a l ) über. In diesem Zusammenhange ist auch

ein neuerer Schriftsteller T h e o d o r K i s t i a k o w s k i zu nen-

nen, der die Erscheinungen des Gemeinschaftslebens in die der Ge-

sellschaft im engeren Sinne und des Staates auseinanderlegt

3

. Ferner

ist zu verweisen auf S c h l e i e r m a c h e r

4

. Dieser unterscheidet

das H a n d e l n a l s e i n o r g a n i s i e r e n d e s (etwa im Sinne

von Organgebrauch, ausführendes Handeln überhaupt) und s y m -

b o l i s i e r e n d e s (etwa im Sinne von Mitteilung). Hieraus er-

gaben sich ihm in der Folge v i e r e t h i s c h e V e r h ä l t n i s s e :

Recht, Geselligkeit, Glaube und Offenbarung, denen die v i e r

e t h i s c h e n O r g a n i s m e n : Staat, gesellige Gemeinschaft,

Schule und Kirche entsprachen. — Somit werden auch hier „Staat“

1

Vgl. Robert von Mohl: Die Geschichte und Literatur der Staatswissenschaf-

ten, Bd 1, Erlangen 1855, S. 82 f. — Die Darstellung, die Mohl von Hegel dort

gibt, muß übrigens als teilweise unrichtig bezeichnet werden.

2

Johann Friedrich Herbart: Sämtliche Werke, herausgegeben von Karl Kehr-

bach, Leipzig 1882—1912, Bd 2, S. 133 ff.; ferner Bd 5, 7,

8

und 9.

3

Theodor Kistiakowski: Gesellschaft und Einzelwesen, Berlin 1899.

4

Friedrich Schleiermacher: Grundriß der philosophischen Ethik, herausgege-

ben von August Twesten, Berlin 1841; Entwurf eines Systems der Sittenlehre,

herausgegeben von Albert Schweitzer, Berlin 1835.