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Steigen der Grundrente, Sinken des Profites); Rodbertus: „Gesetz der fallenden
Lohnquote“; Marxens Konzentrationslehre ist, von der Bewegungsseite her gesehen,
reines Entwicklungsgesetz; Malthus ging fast nur auf Entwicklung und Verschiebung
aus; Adam Müller vor allem hat als genialer Bahnbrecher die lebendige Bewegung, die
aus der gegenseitigen Abhängigkeit aller Elemente des großen volkswirtschaftlichen
Organismus ihre Kraft schöpft, ganz in den Mittelpunkt seiner Lehre gestellt. Nach ihm
hatten Friedrich List und später die geschichtliche Schule vornehmlich Entwicklung und
geschichtliches Werden wirtschaftlicher Dinge im Auge. — Neuerdings hat Walras,
haben namentlich die Amerikaner zwischen „ S t a t i k “ u n d „ D y n a m i k “
unterschieden und diesen Unterschied nachdrücklicher hervorgehoben, als dies früher
gelegentlich schon Comte getan hatte. Sie beweisen aber schon mit diesem
mechanischen Gleichnis, daß sie im Reiche des lebendigsten Lebens, in der
gesellschaftlichen Wissenschaft, über den tief gewurzelten Atomismus der englisch-
amerikanischen Bildungsrichtung nicht hinauskommen. In der deutschen Wissenschaft
hat Schumpeter
1
dieser Denkweise Ansehen zu verschaffen gesucht. Immerhin hat diese
Richtung das Verdienst, den Unterschied zwischen Entwicklungs- und reinen
Entsprechungsgesetzen schärfer zur Geltung gebracht zu haben als bisher.
A. I n n e r e B e w e g u n g i m G e b i l d e o d e r
w i r t s c h a f t l i c h e E n t w i c k l u n g i m e n g e r e n
S i n n e
Die Bewegungsgesetze oder Entwicklungsgesetze im engeren Sinne
haben die Veränderungen der M i t t e l im Gebilde bei gleich- /
bleibenden Zielen zum Gegenstande, das ist die Vorgänge, welche
primäre Veränderungen an der zyklischen Wiederkehr des
Wirtschaftsganges selbst in sich schließen. Leicht erkennbar sind diese
Vorgänge bei Einführung von Maschinen oder bei den wirtschaftlichen
Veränderungen, welche die Bevölkerungszunahme hervorruft (z. B. das
Entstehen von Differentialrenten für die besseren Böden).
Überall, wo eine gleichförmige Wiederkehr von Veränderungen der
Mittel die „Wirtschaft“ (das heißt gewisse Gruppen ihrer Mittel)
innerlich umbaut, ist „Entwicklung“ im engeren Sinne, so bei der
Überlegenheit der großen Unternehmung, die „Entwicklung des
großen Betriebes“. Jedoch kann jede solche „Entwicklung“ dann als
„Verschiebung“ gefaßt werden, wenn man die an k n ü p f e n d e n
Veränderungen miteinbezieht; so, wenn die Entwicklung des großen
Betriebes als „Sieg über den kleinen Betrieb“ gefaßt wird; es liegt
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Joseph Schumpeter: Das Wesen und der Hauptinhalt der theoretischen
Nationalökonomie, Leipzig 1908; Die Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Leipzig
1912.