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Stammler nämlich einerseits ein psychologischer (kausaler!), anderer-

seits ein teleologischer. Hier zeigt sich wieder die Unmöglichkeit der

Omnipotenz teleologischer Erkenntnis angesichts der Wirklichkeit

gesellschaftlicher Tatsachen. Stammler operiert mit einem psycholo-

gischen Begriffe der äußeren Regelung, insofern sie ihm eine das

V e r h a l t e n d e r M e n s c h e n z u e i n a n d e r b e s t i m -

m e n d e Normierung darstellt und ihrem Sinne nach von der

Triebfeder des Einzelnen, sie zu befolgen, unabhängig ist, das heißt

Zwangscharakter an sich hat! diesem letzteren Moment des Z w a n -

g e s (im oben angegebenen Sinne) gemäß erhält übrigens nicht nur

a l l e s von außen Kommende, sondern auch die im Individuum

selbst auftretenden M o t i v e den Charakter des Imperatives. Die-

ser psychologische Begriff der Regelung (nämlich als Imperativ) g i l t

also für j e d e T a t s a c h e j e d e s s o z i a l e n T e i l s y -

s t e m s . Preistatsache, ästhetische Regel und Rechtsnorm unter-

scheiden sich in dieser Hinsicht durch nichts voneinander. Mit einem

teleologischen Begriff der Regelung operiert Stammler insofern, als

diese überhaupt als Zweckphänomen auftritt. Stammler verallgemei-

nert aber diese Zweckbeziehung gänzlich, wodurch ihm, wie schon

dargestellt, die äußere Regel zur Erkenntnisbedingung alles Sozialen

wird und die Sozialwissenschaft teleologischen Charakter erhält

1

.

Da gemäß der teleologischen Auffassung des sozialen Lebens so-

ziale Gesetzmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der regelnden Formen

(gemeinsamen Zwecksetzungen) ein und dasselbe ist, so fällt nach

Stammler auch die Frage nach der Gesetzmäßigkeit des sozialen Le-

bens mit der Frage nach der gesetzmäßigen Beeinflussung der regeln-

den Formen der Gesellschaft zusammen. In der Tat ist ja die Gesetz-

1

Zur speziellen Kritik des Begriffes der äußeren Regelung bei Stammler

vgl. jetzt Max W e b e r : Rudolf Stammlers „Überwindung“ der materialisti-

schen Geschichtsauffassung, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik,

Bd 24, Tübingen 1907, besonders S. 125 ff. — Auf diese Arbeit ist auch zur Er-

gänzung hinsichtlich der K r i t i k d e s h i s t o r i s c h e n M a t e r i a l i s m u s

(— ein Thema, das uns hier nicht unmittelbar angeht —) zu verweisen. — Bei

dieser Gelegenheit möchte ich auf eine Arbeit von S i e g f r i e d K r a u s (Zur

Erkenntnis der sozialwissenschaftlichen Bedeutung des Bedürfnisses, in: Viertel-

jahresschrift für wissenschaftliche Philosophie, herausgegeben von Richard

Avenarius, Jena 1906) hinweisen, die zwar zu Stammler keine Beziehung hat, aber

für die e r k e n n t n i s t h e o r e t i s c h e Kritik des historischen Materialismus

meines Erachtens bahnbrechend ist.