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das Recht in der Tat oft nur als s e k u n d ä r e M i t b e d i n -
g u n g eines Vorganges erscheint. Das Beispiel der Erfindung der
Dampfmaschine selbst ist schlagend genug. Allerdings ist es richtig,
daß nicht die mögliche Geltung bestimmter (z. B. technischer, mora-
lischer) Bedingungen, sondern ihre wirkliche Einfügung in das
äußerlich geregelte Zusammenleben (das heißt in die funktionellen
Systeme des Zusammenlebens) interessiert. Aber es handelt sich
eben um die Erkenntnis des kausalen E i n f ü g u n g s p r o z e s s e s .
Gewiß ist im weiteren Sinne jede empirische soziale Tatsache als
g e m e i n s a m e Zwecksetzung, jede Bestrebung als „Regelung“
charakterisierbar, und insofern könnte das teleologische Erkennt-
nisprinzip gewahrt bleiben; aber tatsächlich handelt es sich dabei
nicht um die Regelungen als Z w e c k Setzungen, sondern um ihre
kausale B e w i r k u n g durch Mittel; es sind die K a u s a l Zusam-
menhänge der neuen Mittel des Wirtschaftens, ihrer neuen Rechts-
mittel usw., um die es sich für die soziale Erkenntnis des Zusammen-
lebens handelt. Daß die Dampfmaschine den Kapitalismus entstehen
läßt, dieser neue Rechtsformen erheischt usw. — das ist eine Einfü-
gung einer möglichen Technik des Wirtschaftens nicht nur in recht-
liche, sondern auch in a l l e a n d e r e n Systeme gesellschaftlicher
K a u s a l - Zusammenhänge der Mittel, da a l l e Systeme Systeme
von (kausalen) Mitteln für die menschlichen Lebenszwecke sind.
Denn alles g e s e l l s c h a f t l i c h e Leben geht eben nur auf das
M i t t e l , nicht auf den Zweck für sich.
Schließlich faßt Stammler seine Ergebnisse hinsichtlich der Auf-
gaben und der Gliederung der Sozialwissenschaft dahin zusammen,
daß sie sich in dreifacher Richtung zu betätigen habe. Sozialwissen-
schaft ist:
„1. Die wissenschaftliche Untersuchung der Form des sozialen
Lebens, vor allem des Rechtes ... [= technische Rechtswissenschaft].
2.
Die Erforschung der konkreten Ausführung eines unter be-
stimmter regelnder Form stehenden Gesellschaftslebens ... [Sozial-
wirtschaftslehre].
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3. Die Richtung und Bestimmung sozialer Regelung als ge-
s e t z m ä ß i g e , sozialer Bestrebungen auf Erhaltung oder Ände-