Table of Contents Table of Contents
Previous Page  2185 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 2185 / 9133 Next Page
Page Background

[14/15]

23

Maßgebende an allen angeführten Beispielen. Der Streit um alles

andere ist eine Verirrung. Das logisch Folgerechte im Individualis-

mus führt allein auf den Begriff des geistig absoluten Einzelnen, der

in den Schacht seines Wesens hinabsteigt, um dort das lautere Gold

seines eigenen Stoffes zu brechen. Es scheint zweifellos, daß wenig-

stens nach einer gewissen Seite hin unser Wesen ein solches Bild

wirklich zeige, daß jeder in gewissem Maße Herakles-Donar, ja

Prometheus sei, daß jeder eine geniehafte Stellung in seinem Inner-

sten gewinne und dort eine selbstbestimmte, selbstgenugsame Welt

erbaue.

§ 3. Der Begriff der Gesellschaft

Die Antwort auf die Frage, was die Gesellschaft sei, ergibt sich

eindeutig aus den Voraussetzungen, die der Begriff des Einzelnen

schon dafür geschaffen hat. Wenn der Einzelne ein absolut Selb-

ständiges ist, dann ist die Gesellschaft nichts Selbständiges mehr,

sondern bloß aus den Einzelnen zusammengesetzt. Wenn mit dem

Begriffe des absoluten Individuums Ernst gemacht wird, erleidet der

Einzelne durch Verbleiben in der Gesellschaft keinen Abbruch an

seiner geistigen Selbstbestimmtheit und Selbstgenugsamkeit. Ist dies

aber der Fall, dann kann Gesellschaft nur eine Summierung, nichts

Eigenes sein, nur eine Anzahl Einzelner, nur eine Ziffer, und nichts

mehr. Die „Ganzheit“ der Gesellschaft ist daher nichts Wirkliches,

sondern die einzige Wirklichkeit sind die Einzelnen. Diesem Ge-

dankengang kann niemand entrinnen, der den Begriff des Einzelnen

individualistisch denkt! Denn wenn die Selbstgenugsamkeit das We-

sen des Individualismus ausmacht, wenn das Individuum als frei

schaffendes im Leben sich erzeigt, wie sollte die Tatsache der Viel-

heit mehrerer Individuen (der Gesellschaft) etwas bedeuten, was sich

nicht von den Individuen ableitete? Die Teile sind vor dem Hau-

fen, die Einzelnen sind das einzig Wahre und einzig Wirkliche. Dies

ist der eindeutige, unerbittliche Schluß des Individualismus.

/

§ 4. Das Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft

Das Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft ist durch den Be-

griff des absoluten Einzelnen ebenso eindeutig bestimmt, wie der