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II. Die Anknüpfung des Einzelnen an das Weltall

Die Anknüpfung an die kosmische Welt ist die zweite große

Frage. Der Individualismus mißachtet sie aber ebenso, wie die Frage

an das Geistige. Notwendig ist ihm der Einzelne — als das frei sich

Erzeugende — auch der Mittelpunkt der Welt. Daher Prometheus

sogar mit Zeus rechtet in seiner vermessenen Selbständigkeit: „Und

dein nicht zu achten, wie ich“! Und doch kann das absolute Selb-

ständige auch wieder nicht eigentlich Mittelpunkt sein, da ja keine

wesenhafte Verbindung mit irgend etwas angenommen werden /

kann, daher der Begriff des Einzelnen nach dieser Seite hin zu Ende

gedacht lautet: D e r E i n z e l n e a l s d e r a b s o l u t E i n s a m e .

Sind diese Folgerungen der Einzelheitslehre annehmbar? Schon

die Sonderung von den anderen Geistigkeiten in der Gesellschaft ist

gänzlich unmöglich; sie widerspricht aller Erfahrung. Eine we-

s e n h a f t e Anknüpfung an die gesellschaftliche Ganzheit muß

vielmehr gefunden werden, weil sie allein der Wirklichkeit ent-

spricht. Geradezu fratzenhaft mutet aber die Sonderung der Welt

gegenüber an.

Wir erkennen in seinem Herzpunkt, der Selbstgenugsamkeit, den

Individualismus als einen Grundirrtum. Der Individualismus macht

den Einzelnen zuletzt einsam und arm. Er kleidet ihn in erborgten

Glanz, um ihn dann in Wucherschulden zu stürzen, die er nicht

bezahlen kann. Mit dem Begriffe des prometheischen Menschen

Ernst gemacht, erweist er sich als eine völlige Verirrung. Es ist wi-

dersinnig, rechten zu wollen mit dem, was als Ganzes, Umfassen-

des über uns ist. Indem ich das, mit dem ich mich rechtend ausein-

andersetze, als Ganzheit erschaue, habe ich schon meine Mittel-

punkteigenschaft und Selbständigkeit aufgegeben; ja ich habe meine

absolute Abhängigkeit von ihm (dem Zeus, der Ganzheit) selbst

gesetzt, und sie ist im tiefsten Sinne meine Gottheit geworden. Ver-

neine ich die Anknüpfung, dann finde ich mich zuletzt notwendig

als der vollkommen Einsame, was sich als widersinnig, als toll er-

weist; setze ich mich aber i n die Ganzheit, um die Anknüpfung

zu finden, dann habe ich gerade das Wesentliche der Einzelheitslehre

aufgegeben: Die Selbstgenügsamkeit. Ein Mittleres zu setzen ist

unmöglich, widerspruchsvoll — überdies lauwarm und schwächlich.