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ben. Aus „sozialen Trieben“ kann man die Gesellschaft als Ganzheit
nicht ableiten. Den Geschlechtstrieb z. B. haben auch solche Tiere,
die nicht gesellschaftlich leben, sondern nur vorübergehend zum
Zwecke der Fortpflanzung beisammen sind, wie Tiger, einsam
schweifende Schakale, Wölfe und andere. Solche Tiere leben nicht
in Herden, nicht einmal in ständigen Familien. Jene Gesellschaft-
lichkeit, die durch soziale Triebe tatsächlich begründet würde, wäre
daher erstens eine begrenzte und zweitens — das ist entscheidend
— eine willkürliche, zufällige. Ein Trieb kann von einem Vernunft-
wesen verändert oder unterdrückt und aus dem Herzen ausgerottet
werden. Die Gesellschaft wäre daher ein bloß n a t ü r l i c h e s Ge-
bilde, wenn sie nur von unseren Trieben und deren zufälliger Gut-
heißung durch Erkenntnis und Herkommen abhängig wäre — das
trifft aber nicht die Aufgabe. Sondern universalistisch betrachtet ist /
die Aufgabe diese: die Gesellschaft aus der inneren Natur unserer
Geistigkeit zu erklären, sie als eine solche notwendige Ganzheit zu
erklären, welche die Lebensbedingungen für die individuelle Gei-
stigkeit enthält. Die Trieblehre ist daher nur versteckter Individua-
lismus, der die Gesellschaft aus den in Wahrheit allein seienden, mit
Trieben ausgestatteten Individuen z u s a m m e n g e s e t z t sein
läßt, aus den Individuen die einzige Wirklichkeit ableitet, welche die
Gesellschaft ausmacht. Wir müssen daher die Erklärung der Gesell-
schaft aus Trieben ebenfalls als eine schein-universalistische bezeich-
nen.
III.
III. Die Gesellschaft nach Art der Platonischen Ideen gedacht
Der Sinn der Platonischen Ideen ist bekanntlich, das Allgemeine
oder die Gattung als selbständige übersinnliche Wesenheit zu den-
ken, durch welche allein die Einzelnen dieser Welt bestehen, und
zwar infolge der „Teilnahme“ (laeÜEiic;) der Einzelnen an diesem
Allgemeinen. So gibt es auch die Idee des Staates oder der Gesell-
schaft (beide als allgemeine Wesenheiten oder Gattungsbegriffe zu
denken), während die einzelnen Staaten samt ihren Mitgliedern
durch Teilhabung an jener Idee bestehen. Jeder Einzelne wäre dann
kraft jener Idee ein Glied des Staates.
Diese Auffassung findet sich bei Platon, sie findet sich in ver-