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zen verarmen lassen, verhärten würde. Darum mit Recht die Dich-
terin eine Waise also klagen läßt:
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Niemand, niemand liebt mich ganz
Bis ins Innerste der Seele.
Welches geistige Verhältnis wir nun auch ins Auge fassen, stets
finden wir, daß ein Verhältnis von Mensch zu Mensch nicht nothaft,
nicht äußerlich bleibt, sondern eine geistige Gegenseitigkeit in bei-
den Teilnehmern begründet. So auch bei dem Verhältnis von
S c h ü l e r u n d L e h r e r . Willmann sagte darüber sehr schön:
„Wer unterrichten will, muß etwas können, wer erziehen will, muß
etwas sein.“ Das erstere, das Unterrichten, kann man sich zur Not
auch seelenlos, mechanisch, z. B. durch eine Sprechwalze bewirkt,
vorstellen; das Erziehen aber nicht. (Die Sprache unterscheidet zu
wenig, wenn sie für das mechanische Einprägen und das innere see-
lische Erbilden in Gezweiung denselben Ausdruck „lernen“ anwen-
det.) Aus dem Wesen, aus der Geistigkeit des Lehrers, muß sich der
Schüler in seine eigene Seele etwas hineinbauen, z. B. die Redlichkeit
des Forschers, den Drang nach innerer Wahrheit, den unerschöpf-
lichen Durst nach Höherem. Und auf der anderen Seite: Auch der
Lehrer trägt von seiner Tätigkeit inneren Gewinn davon, z. B. in-
dem er immer wieder ein Lehrgebäude anderen Menschen vorfüh-
ren und deren Einwände hören, ja vorwegnehmen, eine Reihe von
Gedanken nachdenken und überprüfen muß. „ D u r c h L e h r e n
l e r n t m a n “ , sagt das Sprichwort.
Welches sonstige Verhältnis auch wir auf geistige Wechselseitig-
keit hin prüfen mögen, immer werden wir finden, daß es sich nicht
zurückführen läßt auf einen nackten Tausch äußerer Hilfen, äußerer
Kenntnisse, gleichsam auf ein krämerisches Geben und Nehmen
geistiger Mengen, bei w e l c h e m d i e b e i d e n T e i l n e h -
m e r g e i s t i g v o n e i n a n d e r u n a b h ä n g i g b l i e b e n
(ähnlich wie zwei tauschende Wirtschafter durch den Austausch ihres
Überflusses grundsätzlich voneinander unabhängig bleiben können):
sondern daß neben solchem äußeren Verhältnisse immer auch als das
Wesentliche ein inneres, wechselseitig schaffendes, geistig aufbauen-
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Erika Spann-Rheinsch: Die Laute, Stuttgart 1913.