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warum haben andere Zeiten all das nicht erfunden? Die damaligen

Menschen waren gewiß nicht weniger klug als die heutigen. Ist der

Fortschritt der Naturwissenschaften der Grund dafür? Eher um-

gekehrt! Es gehen die meisten technischen Erfindungen, wie nach-

gewiesen ist, der Naturwissenschaft (namentlich der theoretischen

Erkenntnis), um eine Spanne voraus. Andere Zeitalter hätten ähn-

liches fertiggebracht, aber sie waren nicht darauf gerichtet, nicht

darauf eingestellt; sie hatten kein Verlangen danach, sie hätten Er-

fundenes unter Umständen fallen lassen, vergessen, verachtet — wo-

für das Schießpulver in China ein sinnfälliges Beispiel ist. Erst ein

Zeitalter, das sich ganz nach außen richtet, die wirtschaftliche Tätig-

keit für jeden Einzelnen freimacht; den „Erwerbsgeist“ groß zieht;

sich große wirtschaftliche Aufgaben stellt, dadurch insbesondere

große Märkte schafft (die erste Bedingung von Großbetrieb und

Maschinenverwendung!);

Millionen

schöpferischer

individueller

Kräfte für sie einspannt, im freien Wettkampf den Stärkeren siegen

läßt, und dadurch endlich einen wahren Fenriswolf entfesselt, der

in seinem Rachen die ganze Menschheit verschlingen möchte; erst

ein solches Zeitalter konnte all’ jenes erfinden, was wir bis heute /

mit Glück erfanden, und konnte das äußere Leben auf solche un-

geahnte Höhe bringen.

Hier sei zum Bescheide eine kurze abschweifende Bemerkung gestattet:

Unser Ergebnis, daß der Kapitalismus stets im Gefolge individualistischer Gei-

stesrichtungen auftrete, daher in der Geschichte immer w i e d e r k e h r e , steht

im Widerspruche zur herrschenden Meinung Marxens, wonach der Kapitalismus

die Entwicklung der Wirtschaft seit dem Urkommunismus a b s c h l i e ß e . Die

ganze Geschichtsschreibung steht heute stark im Banne dieser Lehre, daher sie

denn auch, wie z. B. Karl Bücher, zum Teil die falsche Folgerung mitmacht, eine

letzte kollektivistische Krönung dieser Entwicklung müsse zwangsläufig kom-

men

1

.

Wie steht es nun mit der Gestaltung des geistigen Lebens auf

individualistischer Grundlage? Auch hier ergibt die schon in frühe-

rem Zusammenhange berührte Neigung

2

, sich grundsätzlich jeder

festen Anknüpfung zu entziehen: die a-metaphysische Geistesrich-

tung. (Natürlich bedeutet dies nicht, daß jeder Individualist tatsäch-

lich ametaphysisch sei; es handelt sich hier nur um eine Richtung;

sie muß nicht alle einzelnen Personen wirklich bezwingen, setzt sich

1

Siehe weiteres unten S. 161 f. und § 32.

2

Siehe oben S. 34 f. und 76 f.