108
[78]
einzurichten, wie es die Friedensverträge in wunderlicher Verblen-
dung annehmen, wie es pazifistische Schwachköpfe und Völker-
bundsstümper im Stile Wilsons der Welt glauben machen wollen.
Das deutsche Volk muß sich bereit halten, es kann sich nicht Ruhe
gönnen, und muß sinnen, was Pflicht und Ehre gebieten. Es muß
sich seinen politischen Körper, der jetzt verstümmelt ist, erst noch
bilden. Daß es dieses tue, dafür sorgt die völkische Idee und Not-
wendigkeit. Heute gilt wieder, was einst Uhland von den Chatten
sang:
Man sagt wohl von den Chatten,
Sie legten Erzring an,
Bis sie erlöst sich hatten
Durch einen erschlagenen Mann.
Die neue Ordnung der Welt ist keineswegs eine so eiserne, daß
das deutsche Volk für ewig hoffnungslos in ihr eingeklemmt wäre.
Die Mächtegruppe Frankreich-England-Amerika ist in sich wenig
gefestigt, Rußland ein drohendes Fragezeichen für die ganze Welt,
und, was ebenso wichtig ist, der Orient ist seit Jahrhunderten zum
erstenmal wieder in Bewegung.
Indessen, diese Krise näher zu betrachten, ist unser Zweck hier
nicht; denn sie ist eine bloße staatenpolitische Angelegenheit, keine
Krise des Zeitgeistes. Doch darf ich das Eine hinzufügen: Unser
Volk geht in naher Zukunft zwar schweren Zeiten entgegen, aber
die spätere Zukunft erscheint mir in um so glänzenderem Lichte.
Eine neue Ottonen-, eine neue Stauferzeit sehe ich kommen, be-
dingt durch folgende zwei Tatsachen: Deutschland ist als die größte,
leistungsfähigste festländische Macht nach dem Weltkriege zurück-
geblieben (denn Frankreichs Zukunft ist zuletzt doch nur, ein zwei-
tes Spanien zu werden); und infolge der Auflösung des alten Öster-
reich sind Deutschland daher allein dessen Aufgaben zugefallen.
Die Balkanisierung Europas reicht jetzt bis nach Prag und Warschau.
Niemand als Deutschland wird hier auf die Dauer Ordnung schaf-
fen können und die stets lauernden tschechisch-polnischen, polnisch-
ukrainischen,
ungarisch-tschechischen,
ungarisch-rumänisch-serbi-
schen, serbisch-bulgarischen (usw.!) Kriege niederzuhalten vermö-
gen. Dabei wird England mit natürlicher Notwendigkeit der poli-
tische Bundesgenosse Deutschlands werden. Denn um Deutschlands