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Seegeltung und überseeische Weltstellung zu mindern, muß es trach-
ten, es auf dem Festlande zu beschäftigen. Und hier hat Deutschland
ja tatsächlich seine natürlichen Aufgaben. Wir verstehen heute klar,
warum Polen, Böhmen, Ungarn, Südslawien (selbst Griechenland)
einstens deutsche Lehen waren. So muß es wieder kommen. Wenn
das deutsche Volk seinen Mann stellt und die Dinge den durch ihre
Natur gesetzten Verlauf nehmen, wird eine glänzende, an die alte
Kaiserzeit gemahnende Zukunft unserer harren. — Soviel über die
staatenpolitische Krise. Die anderen Krisen werden wir später im
einzelnen ausführlich zu betrachten haben und sie daher hier nur
aufzählen, nämlich:
II. Die Krise des naturrechtlichen Individualismus:
sie äußert sich in einer Krise des Liberalismus und der Demo-
kratie; ferner
III. Die Krise des Kapitalis- / mus
Diese beiden Krisen werden schon durch die Anfechtung bekun-
det, die die heutige politische und wirtschaftliche Ordnung vom
Sozialismus erfährt. Aber daneben geht zugleich einher:
IV.
Die Krise des marxistischen Sozialismus
Auch dieser hat seine Krise. Denn in derselben Stunde, in welcher
der Marxismus zum Siege kommt, sehen wir ihn in der tiefsten
Spaltung, so daß ihm dieser Sieg vor unseren Augen wieder ent-
gleitet.
An dieser Stelle ergibt sich noch die Frage: Handelt es sich
bloß um eine Summe der genannten vier Einzelkrisen, oder steckt
dahinter etwas Einheitliches, Größeres? Ich habe schon eingangs der
Überzeugung Ausdruck gegeben, daß es sich heute nicht um eine
Summe von Teilkrisen handelt, sondern um e i n e A n f e c h -
t u n g d e s i n d i v i d u a l i s t i s c h e n Z e i t g e i s t e s a n
d e n W u r z e l n . Die Krise des politischen Individualismus, die
Krise des wirtschaftlichen Individualismus, des Kapitalismus, liegen
offen zutage, sie sind Krisen der noch ganz und gar vorherrschen-