Table of Contents Table of Contents
Previous Page  2279 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 2279 / 9133 Next Page
Page Background

[84/85]

117

vorgebildeter Beamten allerdings der bessere; wir wissen auch, daß

unsere Beamten, deren Amtsdauer eine kurze ist, oft für ihre eigene

Tasche sorgen, und daß sie wieder gehen müssen, sobald sie sich in ihr

Amt eingearbeitet haben; aber Geld haben wir genug; worauf es uns

ankommt, ist, daß die Beamten sich nicht als unsere Herren aufspie-

len“ (wie vielleicht im alten Preußen, im alten Österreich). Ähnliches

ist ja zum Teil auch in der Schweiz der Fall, wo man gewählten Laien

die Aufsicht über fachmännische Beamte überträgt, z. B. einem bie-

deren Bäckermeister die Aufsicht über die Schule.

Wie immer beim Individualismus, so auch bei seiner politischen

Theorie: Aus der A t o m i s i e r u n g f o l g t d i e M e c h a n i -

s i e r u n g . Wenn jede Stimme gleichwichtiges Atom ist, so kann

keiner Stimme mehr innerer Wert zukommen. Es kann nur mecha-

nisch gewogen oder gelost werden. In der individualistischen Wirt-

schaftstheorie finden wir schon seit Quesnay dieselbe Auffassung der

Volkswirtschaft als eines ordre naturel, das ist einer Ordnung im

naturgesetzlichen Sinne, im Sinne eines Kausalmechanismus. Die De-

mokratie betrachtet den politischen Organismus ebenfalls rein me-

chanisch als Atomhaufen, als ordre naturel. Nicht der Wert, sondern

die Menge herrscht in ihr nach dem mechanischen Gewichte.

/

Diese Logik müßte auch dem einfachen, gesunden Menschenver-

stand absurd erscheinen, um so mehr als doch das Leben selbst anders

entscheidet. D e n n i n W i r k l i c h k e i t l e b t n i e m a n d

n a c h d e m G r u n d s a t z d e r M e h r h e i t , sondern einzig

nur nach dem von Wert und Wahrheit. Zum Beispiel wird jeder, der

krank ist, einen Arzt fragen, wer Geld in Papieren anlegen will,

einen Finanzkundigen, wer ein Haus bauen will, den Baumeister.

Und allgemein wird, wer einen Rat braucht, suchen, daß er dem Ur-

teile des Einsichtigsten, des Fachkundigsten, des Klügsten, des Be-

sten folge, das heißt aber: ihn über sich herrschen lasse. Es wird ihm

dagegen nicht einfallen, unter seinen Freunden darüber abstimmen

zu lassen.

U n i v e r s a l i s t i s c h gesehen ist der Grundmangel jedes po-

litischen Individualismus, daß der Staatswille im „übereinstimmen-

den Willen der Bürger“ bestünde! Da aber die Gesellschaft nicht die

Summe der Einzelnen, sondern ein überindividuelles Geistiges, die

Ganzheit der geistigen Gemeinschaft ist, so ist jede Organisation,

und am meisten der „Staat“, Ausdruck einer wesenhaften geistigen