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schaftsleben, sollen und können logischerweise, der Natur der Sache
nach, nur die wesenhaften Bestimmungsstücke der vorhandenen
Geistigkeit herrschen, das heißt das jeweils Beste, das eine Kultur in
sich beherbergt
1
. Nicht was eine zufällige oder dauernde Mehrheit
will, sondern was als das Beste, Wahrhafte von den Sachkundigen
erkannt wird, soll herrschen. Die Demokratie aber will über die
Wahrheit abstimmen — das ist nicht nur undurchführbar, sondern
auch frevelhaft, denn die Mehrheit in den Sattel setzen, heißt, das
Niedere herrschen machen über das Höhere
2
. Demokratie heißt also,
um es zu wiederholen: Mechanisierung der Organisation unseres
Lebens, des Staates, und Ausschaltung jedes Wertgrundsatzes aus
dem Baugesetz dieser Organisation durch Abstimmung, durch Herr-
schaft der Mehrheit.
Zu diesem nun gründlich besprochenen ersten Grundgebrechen
der Demokratie kommt noch ein zweites: die Unterstellung (Fik-
tion), daß wirklich ein Wille vorhanden sei, der abstimmt, der Wille
der vielen Einzelnen, der sogenannte Volkswille. Wenn nämlich alle
Abstimmenden selbst einen bestimmten politischen Willen hätten,
dann läge in der Mehrheit zwar noch kein Wert (auch dann könnte
man über die Wahrheit nicht abstimmen); aber sie verträte wenig-
stens eine bestimmte Wirklichkeit politischer Gesinnung, sittlich-
politischer Urteile. In Wahrheit steht es aber anders. Die Leute
stimmen ab und haben doch keine Ansicht, kein Urteil, keinen Wil-
len über den Gegenstand. Wenn z. B. in der Schweiz eine Volks-
abstimmung darüber stattfindet, ob irgendwo eine Brücke gebaut
werden soll, wer hat darüber ein klares Urteil? Doch wohl nur die
wenigen volkswirtschaftlichen und technischen Sachverständigen,
ein paar Beamte und die Interessenten (diese zum Teil schon nur
ein einseitig beeinflußtes Urteil). Wenn nun doch viele Tausende ab-
stimmend ein Urteil über das abgeben, worüber sie kein Urteil
haben, so heißt das nur: Der V o l k s w i l l e a l s p o l i t i -
s c h e r W i l l e m u ß t e e r s t g e b i l d e t w e r d e n d u r c h
d i e F ü h r e r , e h e e r s i c h a l s W i l l e ä u ß e r n k o n n t e ;
er mußte erst geschaffen werden — durch den Willen derer, die
nach der demokratischen Theorie doch erst hinterdrein nach ihm
handeln sollten!
1
Weiteres darüber siehe unten § 28.
2
Siehe oben S. 64 f.