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Lohn, für den man sich sofort Genußgüter kaufen kann) feilhat;
der Arbeiter ist derjenige, der „Zukunftsgüter“ feilhat (die Arbeits-
kraft, mit der erst Erzeugnisse herzustellen sind, die in späterer Zeit
genußfähige Güter werden sollen). Wer nur Zukunftsgüter feilhat,
der Arbeiter, verhungert, wenn er nicht Gegenwartsgüter dafür
eintauschen kann: wer Gegenwartsgüter feilhat, der Kapitalist, kann
nicht verhungern, er ist daher bei Abschließung des Arbeitsvertra-
ges die stärkere Partei. Auch zwischen dem Kapitalisten und Ver-
braucher besteht ein ähnliches Verhältnis. Der überlegene Groß-
kapitalist hat in der Erzeugung, im Eiandel, im Verkaufe, im Kre-
dit oft eine monopolartige Stellung, der Verbraucher (Abnehmer)
muß sich dann dieser verhältnismäßigen Überlegenheit beugen.
Ist so die Ungleichheit ein wesenhafter Bestandteil der kapitali-
stischen Wirtschaftsordnung — dann ist diese kein Analogon, keine
Entsprechung zu Liberalismus und Demokratie, überhaupt zum
Naturrecht, wo die Freiheit mit [staatsbürgerlicher] Gleichheit ge-
paart ist, sondern eine Entsprechung zum Machiavellismus. Natur-
recht ist Ausschaltung des freien Kampfes durch Vertrag, der jeden
auf gleichem Fuß behandelt; Machiavellismus aber ist: freier Kampf
zwischen Stärkeren und Schwächeren; Sieg des Stärkeren über den
Schwächeren. Der Kapitalismus ist nicht wirtschaftlicher Liberalis-
mus, sondern wirtschaftlicher Machiavellismus.
Dies möchte ich als eines der wesentlichsten Ergebnisse unserer
Untersuchung betrachten. Ich erblicke eine verhängnisvolle Unklar-
heit darin, daß der Kapitalismus als „Individualismus“ im liberalen,
das heißt im naturrechtlichen Sinne betrachtet, ja ausdrücklich mit
dem Naturrecht in einen Topf geworfen wird, indem er stets als
p r ä m i e ( o d e r „ R e n t e “ ) ; ferner die E r g i e b i g k e i t (a) seiner per-
sönlichen Leistungen (b) des Betriebes, in dem der Arbeiter tätig ist, (c) seines
Geschäftszweiges, (d) seiner Volkswirtschaft (folgend zum Teil aus dem Natur-
reichtum und inneren Eigenmarkte der Volkswirtschaft, zum Teil aber aus ihrer
Gliedstellung in der Weltwirtschaft); (e) des Anteils der Volkswirtschaft am Ge-
samtertrage der Weltwirtschaft (weshalb z. B. der englische Arbeiter einen
höheren Lohn hat als der deutsche); endlich dazu (f) die Gestaltung des K a p i -
t a l s h ö h e r e r O r d n u n g im besonderen (man denke an Sozialpolitik,
Kollektivverträge und dergleichen) — das sind die wahren Grundlagen der Lohn-
bildung. Das „eherne Lohngesetz“ Ricardos, das Marx beibehielt, ist theoretisch
unrichtig. — Vgl. unten S. 155 ff. und 141 f. (vgl. mein Buch: Tote u. lebendige
Wissenschaft, 4. Aufl., Jena 1935, S. 335 ff. u. 349 ff.; jetzt 5. Aufl., Graz 1967,
S. 301 ff. und 313 ff. [= Othmar Spann Gesamtausgabe, Bd 6]).
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