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kungen der Wirtschaftsfreiheit im verneinenden Sinne, sondern be-

deuten stellvertretende Organisierungen im aufbauenden Sinne, be-

deuten den zwar wildgewachsenen, nicht planmäßigen, unzuläng-

lichen, aber um so vielsagenderen Versuch, eine neue Art von Ver-

ständischung der Gesellschaft an die Stelle der verlassenen mittel-

alterlichen zu setzen! So erweist sich der Kapitalismus als ganz und

gar wider die Natur der Wirtschaft und der Gesellschaft, er muß

gegen den Willen der Zeit und des Zeitgeistes Bindungen in die ato-

misierte Wirtschaft einbauen.

Die inneren Krisen des Kapitalismus stellen sich sohin in dem

Maße ein, als er, selbst an die Stelle der früheren organisierten Wirt-

schaft tretend, Atomisierung erzeugt. Der A t o m i s i e r u n g

f o l g e n d i e k r i s e n h a f t e n G e g e n w i r k u n g e n a u f

d e m F u ß e . Es gehört hierher alles, was universalistischen Ein-

schlag und daher eine organische Gegnerschaft gegen den Kapitalis-

mus hat. Daher sind uns jene Negationen des Kapitalismus schon

sämtlich als universalistische Gegenströmungen gegen den Indivi-

dualismus von früher her bekannt.

Da ist zunächst die S o z i a l p o l i t i k , die wir schon früher

1

in ihrem Wesen dahin bestimmten, daß sie nicht nur Hilfe für die

bedrängten Gruppen der Gesellschaft, sondern noch dazu: daß sie

diese Hilfe durch O r g a n i s i e r u n g , nämlich durch Organisie-

rung des Arbeitsvertrages, des Wirtschaftsvorganges überhaupt,

bringt. Nichts ist bezeichnender als gerade die Entwicklung der

Sozialpolitik. Im Anfang bestand sie nur in allgemein regelnden

Vorschriften / des Gesetzgebers selbst (z. B. Arbeitstag, Sonntags-

ruhe). Immer mehr aber ging sie dazu über, Selbstverwaltungskör-

per zu schaffen, die den Beteiligten eine bestimmte Tätigkeit aufer-

legten und offenhielten, z. B. im sozialen Versicherungswesen, im

Einigungs- und Gewerbegerichtswesen, zuletzt in den Arbeiterkam-

mern. Immer offenkundiger arbeitete sie so an der Schöpfung neuer

ständischer Körperschaften zum Ersatz für die alten.

Da sind ferner die ebenfalls schon erwähnten G e w e r k v e r -

e i n e , die ganz unmittelbar eine Bindung, eine Organisierung der

Arbeitskraft, das heißt eine Organisierung von Elementen des Wirt-

schaftsganges dort darstellen, wo der Kapitalismus vereinzelte, ato-

mistisch zerstreute Elemente haben wollte.

1

Siehe oben S. 98 f.