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herabdrücken würde, daß jenes errechnete Anwachsen des Erträg-

nisses ausgeblieben wäre. Ähnlich unsere sozialistischen Reichtum-

schwärmer. Sie schaffen Voraussetzungen, die sich nicht verwirk-

lichen lassen, weil sie dabei jene Gegenbedingungen schrittweise je-

weils selbst erzeugen müßten, welche die Voraussetzungen wieder

vernichten.

/

Von allgemeinster Bedeutung aber ist der Irrtum, daß die zen-

tralistisch organisierte Wirtschaft grundsätzlich von höherer Ergie-

bigkeit sei als die kapitalistische. Wir sind wiederholt auf diesen Irr-

tum gestoßen

1

. Hier möge nur das Grundsätzliche hervorgehoben

werden.

Wo die Wirtschaft verbeamtet ist, hat sie zwar die Vorteile der Stetigkeit und

der inneren Einfachheit („Typisierung“, „Normalisierung“ sind dann natürliche

Erscheinungen und begründen von ihrer Seite aus eine Überlegenheit über die

zersplitterte freie Wirtschaft); aber es fehlt die Rationalität, es fehlt noch mehr

die stärkere Anspannung aller Kräfte und die rasche Anpassung an die geänder-

ten Bedingungen der Wirtschaft. An deren Stelle tritt die Bureaukratisierung.

Kein Taylorsystem, kein Lohnverfahren kann da helfen. Und am allermeisten

fehlt: die Fähigkeit zu wirtschaftlichem Fortschritt. Man muß sich, um dies zu

verstehen, nur klar machen, was es heißt, eine neue Erfindung in der praktischen

Wirtschaft anzuwenden. Anwendung einer Erfindung heißt zuletzt nichts weni-

ger als Umbau der g a n z e n Volkswirtschaft. Es ist noch verhältnismäßig das

Einfachere, rein technisch eine neue Erfindung zu machen. W e i t s c h w i e r i -

g e r i s t e s , s i e i n d i e a l t e W i r t s c h a f t e i n z u f ü g e n . Denn das geht

nur, wenn eine ganze Reihe anderer Techniken, Erzeugungsweisen, Handelstätig-

keiten,

Verbrauchsgewohnheiten,

Kapitalverwendungen,

Arbeitsverwendungen

usw. geändert wird, kurz, wenn ein weiter Umkreis der bisherigen Wirtschaft

umgebaut, umgestellt wird, z. B. die Eisenbahn. Diese als solche kann in der

kollektiven Wirtschaft nicht einfach gebaut werden, denn: die Erfindung der

Lokomotive würde für sich noch lange nicht zum Eisenbahnbau befähigen. Es

müssen erst unendlich viele komplementäre Maschinen, Verfahren, Arbeits-

geschicklichkeiten, Hilfsgewerbe geschaffen, ausgebildet werden: Die Maschinen

und Arbeiter, welche Lokomotiven bauen, die Gießereien, Drehbänke, Monteure,

welche die Hilfsmaschinen, Hilfsgeräte, Hilfsstoffe herstellen. Es muß der Wagen-

bau, die Schienenerzeugung und vieles, vieles andere neu gebildet werden, neu

entstehen. Es müssen aber nun weiter, wenn es zum Bau der Eisenbahn wirklich

kommt, tausende von Fuhrwerksunternehmungen, von Einkehrgasthäusern und

Herbergen, von Huf- und Wagenschmieden außer Betrieb gesetzt, umgestellt

werden, und ebenso tausende von Fabrikationen ihren bisherigen rein örtlichen

Wirkungskreis verändern oder aufgeben.

Ähnlich auch in kleineren Verhältnissen. Das Fahrrad z. B. kann erfunden

werden, aber viele Hunderte von komplementären Maschinen, Erzeugungen,

Verrichtungen müssen erst geschaffen werden, um es gebrauchsfähig (in Massen

absatzfähig) herzustellen. Wenn nun in der zentralen sozialisierten Wirtschaft die

1

Siehe oben S. 102, 133, 179 f. und öfter.