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Abteilung A ein Fertigerzeugnis erfindet, so müssen erst die Abteilungen B—X

gefragt, gebeten, mit herangezogen werden, um die nötigen Hilfsmaschinen,

Hilfsstoffe zu bewilligen, Umstellungen, Arbeitseinstellungen, Arbeiterabgaben,

Arbeiterübernahmen, Kapitalverzichte und -ersätze, Umkalkulationen und Um-

stellungen durchzuführen! Jede Erfindung wird in der zentralisierten Planwirt-

schaft Angelegenheit der gesamten Wirtschaftseinteilung und Wirtschaftsrechnung,

damit der gesamten Volkswirtschaft. Und wenn nun alle stärker betroffenen

leitenden Beamten und Arbeiter erst Stellung nehmen und einwilligen müssen,

kann man sich ausmalen, welches Schicksal dem wirtschaftlichen Fortschritt dann

blühen wird. Selbst in einer zünftig organisierten Wirtschaft, wo eine Zunft oder

eine Zunftgruppe die andere grundsätzlich nicht zu fragen hat, wird schon der

wirtschaftliche Fortschritt gegenüber dem heutigen Zustand völliger Freiheit

teilweise gehemmt werden.

Immer wieder muß endlich auf jene Veränderung der T r i e b k r a f t der

Wirtschaft hingewiesen werden, die durch die zentralistische Verbeamtung der

Wirtschaft im sozialistischen Staate geschieht. Auch wenn die Beamten als fleißige

und pflichtgetreue Menschen alle ihre Arbeit tun, ein Ideal, das sich in Deutsch-

land wohl erreichen läßt, wie z. B. die preußischen Eisenbahnen beweisen — so

wird die Ergiebigkeit und qualitative Leistungsfähigkeit dieser Kollektivwirt-

schaft durch Schwerfälligkeit, Unübersichtlichkeit, Organisationsfehler, Starrheit

und teure Bürokratie eine wesentlich kleinere sein als die der freien oder stän-

dischen Wirtschaft. Von der Unübersehbarkeit und schließlichen Undurchführ-

barkeit aller kommunistischen Wirtschaft sei hier noch abgesehen, und daß der

Fortschritt dieser Wirtschaft viel geringer sein wird als heute, wurde schon oben

gesagt. Der Beamte tut seine Pflicht, der Unternehmer aber tut mehr als das.

Der Beamte führt Vorschriften aus, der Unternehmer arbeitet ständig, schafft

unausgesetzt Neues. Man stelle sich vor, was 100 000 leitende pflichttreue Beamte

in der Planwirtschaft leisten würden und was 100 000 Unternehmer in der ka-

pitalistischen Volkswirtschaft leisten. Diese Unternehmer haben sozusagen Tag

und Nacht kein anderes Sinnen und Trachten, als ihre Fabriken und Unterneh-

mungen / rationell, lohnend zu machen und in der Fortentwicklung anderen

den Vorsprung abzugewinnen oder mindestens nicht zurückzubleiben. Sie suchen

beständig die besten Standorte, Verfahren und Organisationsformen, die besten

Leiter, Techniker, Werkmeister, Arbeiter-Entlohnungsweisen, billigsten Rohstoffe

und Kostenelemente für ihre Fabriken aus; und diese Besten schaffen dann den

Standard, nach welchem auch die Schwächeren hinstreben müssen. Man kann

sich noch vorstellen, daß etwa durch Übernahme gut geführter kartellierter Be-

triebe die augenblickliche sozialisierte Wirtschaft ebenso ergiebig wäre, wie die

kapitalistische, auch daß sie in gewissen Vereinfachungen („Typisierung“, „Nor-

malisierung“) sogar starke Aktivposten aufwiese; aber man kann sich nicht vor-

stellen, daß die Anpassung an die fortwährenden Änderungen in den Wirtschafts-

bedingungen (an die Änderungen in den Rohstoffen, Kostenelementen, Absatz-

verhältnissen, Techniken usw.) auch nur annähernd so beweglich bliebe und die

Weiterentwicklung gleichen Schritt hielte. Die Kraft, die in Gestalt der Unter-

nehmer und Leiter in der kapitalistischen Wirtschaft am Werke ist, die die Wirt-

schaft in jeder Stunde neu umbauen und verbessern, diese Kraft kann durch

nichts in eine verbeamtete Wirtschaft eingesetzt werden. (Von den krisenhaften

und anderen Nachtseiten des Kapitalismus ist in diesem Zusammenhange aller-

dings abgesehen worden.)

Die erträumte Güterfülle eines Marx, Popper, Ballod (und neuestens auch