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eines Rathenau) würde bei der Kollektivierung der Erzeugung nicht nur aus-

bleiben, sondern es würde ihr sogar größere Güterknappheit folgen. Man muß

wissen, daß man mit der Kollektivierung der Erzeugung jene unendliche Anzahl

von Kräften aus der Wirtschaft ausspannt, die früher in Form tausender wett-

eifernder, schöpferischer Kräfte in Dienst gestellt waren. Eine bessere Verteilung

kann durch die Kollektivierung grundsätzlich erreicht werden, aber wir würden

ärmer werden. Dies haben wir schon früher von der rein geistigen Seite her

erkannt und die „ g o l d e n e W a a g e d e r G e s c h i c h t e “ darin gefun-

den

1

.

Mit dem Bisherigen sind noch nicht einmal die grundlegendsten

Schwierigkeiten der zentralen Planwirtschaft untersucht. Wir haben

die reine Verkehrswirtschaft und die zentrale Planwirtschaft als

utopische Wirtschaftsformen bezeichnet

2

. Die Hindernisse der Plan-

wirtschaft liegen über das Gesagte hinaus grundsätzlich: erstens in

der W i r t s c h a f t s r e c h n u n g , zweitens im G e l d ge-

b r a u c h und drittens in der V e r t e i l u n g . — Jeder, der in

die Theorie der Wert- und Preisbildung tiefer eingedrungen ist,

weiß, daß eine Wertbestimmung der Güter und der Arbeitsleistung

in der zentralen Planwirtschaft grundsätzlich unmöglich ist

3

. Dann

ist aber auch Wirtschaftsrechnung und Geldgebrauch in ihr unmög-

lich.

/

Wenn nämlich nicht (wie Marx fälschlich glaubte) die in einem

1

Siehe oben S. 95 und 102 f.

2

Vgl. oben S. 169 f.

3

Ludwig v. Mises: Die Wirtschaftsrechnung im sozialistischen Gemeinwesen,

im: Archiv für Sozialwissenschaft, Bd XLVII, S. 86 ff., zeigt, daß die Wirtschafts-

rechnung mit Preisen zwei Bedingungen voraussetzt. Es müssen nicht nur die

Güter erster Ordnung, sondern auch die Güter höherer Ordnung im Tausch-

verkehr stehen, so daß es zur Bildung von Austauschverhältnissen solcher Güter

kommt, und es muß ein allgemein gebräuchliches Tauschmittel, ein Geld, in Ver-

wendung sein, damit es möglich werde, alle Austauschverhältnisse auf einen ein-

heitlichen Nenner zurückzuführen. Da diese Voraussetzungen im sozialistischen

Gemeinwesen fehlen würden, wird dort Wirtschaftsrechnung und damit Wirt-

schaften überhaupt unmöglich sein. Man täuscht sich, so sagt Mises weiter, wenn

man, wie der Planwirtschaftler Neurath, glaubt, über diese Schwierigkeiten durch

den Gebrauch der „Naturalrechnung“ hinwegkommen zu können; die Natural-

rechnung versagt in der verkehrslosen Wirtschaft gegenüber allen Gütern höherer

Ordnung, sie gibt keine Möglichkeit, alle in Betracht kommenden Größen auf

einen einheitlichen Nenner zurückzuführen. Aus demselben Grunde ist auch nach

Mises der Lösungsversuch Lenins, mittels der „Statistik“ über diese Schwierig-

keiten hinwegzukommen, mißglückt, und es sei ein sichtbares Zugeständnis dieses

Mißerfolges, wenn Lenin die „bürgerliche“ Buchführung, die in Geld rechnet,

wieder in die Sowjetbetriebe einführen will und darum bereit ist, die „bürger-

lichen Fachleute“ wieder aufzunehmen.