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§ 27. Die Folgerungen aus dem wertgeschichteten
Stufenbau der Gemeinschaft
I.
Die Vielartigkeit der Gemeinschaftskreise führt zur ständischen
Gesellschaft
A. Der B e g r i f f d e s S t a n d e s
Von der erkannten Wertschichtung der Gesellschaft aus bleibt
noch immer die Frage zurück: Inwiefern sind die geschichteten Ge-
meinschaften eine Einheit? Wie kann die Gesellschaft leben, wenn
trotz ihrer Wertschichtung nur Leute, die wie vom Monde herun-
tergekommen, einander fremd oder feindlich sind, je für sich ihre
Gemeinschaftskreise bilden? Wie beseitigt die Wertschichtung die
Isoliertheit und Einzigartigkeit, die Unauswechselbarkeit der be-
treffenden Gemeinschaft? Sie ergibt zwar eine Rangordnung der
Gemeinschaften, aber sie ergibt unmittelbar noch keine organische
Wechselseitigkeit, Gliederung, dieser Gruppen im Verhältnis zuein-
ander. Es bliebe noch immer nur eine Atomisierung der Gesellschaft
auf höherer Stufe. Um eine Gesellschaft zu bilden, müssen die von-
einander verschiedenen Gemeinschaften die Eigenschaft haben, Glie-
der eines echten geistigen Gesamt-Ganzen darzustellen; sie müssen
die Natur der Gliedlichkeit besitzen. Erst durch Gliedlichkeit wird
das unterschieden Geartete zum Unter-Ganzen der Gesellschaft,
zum Stand.
Wie ist aber der Begriff der Gliedlichkeit zu bestimmen? Wodurch
wird eine geistige Gemeinschaft zum Glied einer Gruppe von gei-
stigen Gemeinschaften, also eines umfassenderen geistigen Ganzen?
Die Bestimmung „gliedlich“ für eine geistige Gemeinschaft oder
einen Gemeinschaftskreis ist zuletzt nur aus der Fülle der geistigen
Inhalte, aus der zusammengehörigen Ganzheit, aus dem Kosmos der
geistigen Erscheinungen zu nehmen. A l l e g e i s t i g e n I n h a l t e
b i l d e n e i n G a n z e s , a u c h i n d e m s i e d i e g e g e n -
s ä t z l i c h e n T e i l e d a r s t e l l e n . Sind doch für alle geisti-
gen Gruppen schon rein logisch, rein innerlich ihre Bezugspunkte
bestimmt: Ihre Gegner, Verwandten, Freunde, Neutralen sind stu-
fenweise innerlich notwendig, rein logisch gegeben! So ist in Wahr-
heit kein Geistiges isoliert, sondern stets als G l i e d gegeben (und
zwar unangesehen des Wertranges!). Betrachten wir dies an Beispie-
len: