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ihre Leistungen nicht / von den ständischen Körperschaften über-

nommen wurden (wie z. B. heutige Kartelle den Handel ausschal-

ten), z u m a l d i e S t ä n d e i n i h r e m e i g e n e n U m -

k r e i s e o h n e h i n e i n i h n e n g e m e i n n ü t z i g d i e -

n e n d e s B a n k - u n d F i n a n z w e s e n e n t w i c k e l n

w e r d e n . Hierdurch wird gleichsam als Ventil ein frei bewegliches

(kapitalistisches) Element in die ständische Ordnung gebracht, wie

es ja auch das Mittelalter stets besaß

1

. Denn im Wesen des H a n -

d e l s , als eines höchst beweglichen, vermittelnden, zusammenfüh-

renden und die Erzeugung von sich aus wieder organisierenden

Standes, liegt die volle Freiheit, allen Spielraum, den die Wirtschaft

läßt, auszunützen, durch rasche Vermittelung und Zusammenstel-

lung befruchtend zu wirken. Diese Freiheit ist zulässig und geboten,

denn der Lebensraum für den Handel und das Finanzwesen wird in

dem ständischen Staate, wie gesagt, ohnehin sehr eingeschränkt sein,

da erstens durch die Übersichtlichkeit der Wirtschaft, zweitens durch

die genossenschaftlichen Bildungen im Schoße der Zunft Kredit, Ein-

kauf und Absatz vielfach selbst besorgt und dadurch viele Handels-

tätigkeit von der vorsorglichen Organisation aufgesogen wird.

Vom U n t e r s c h i e d z w i s c h e n s t ä n d i s c h e r O r d n u n g ,

s o z i a l i s t i s c h e r O r d n u n g u n d k a p i t a l i s t i s c h e r O r d n u n g

Die Beweglichkeit der ständischen Wirtschaft zeigt sich auch beim Vergleiche

zwischen ständischer, sozialistischer und kapitalistischer Wirtschaftsordnung. Die

Beweglichkeit und Lebendigkeit, welche die ständischen Ordnungen immerhin

erfüllt, verbürgt eine ganz andere Fruchtbarkeit der Wirtschaft, als dies eine

kommunistische Ordnung ermöglichen könnte. Wenn man hört, daß Lenin und

Trotzki in Rußland den Ertrag der Arbeit durch Einführung von Stücklohn und

Taylorsystem erhöhen wollen, so nimmt sich das gerade so aus, als wollte man

einen Lahmen dadurch, daß man ihm eine Krücke gibt, gesund machen. Jene

Verfahren werden ja in vielen Einzelfällen Gutes leisten, aber sie können die

allgemeine Blutzirkulation der Wirtschaft, sie können den aufbauenden Geist, die

bewegenden Kräfte absolut nicht ersetzen. Denn sie sind nur jene letzten

Schritte, mit welchen man innerhalb der jeweils schon gegebenen Technik und

Organisation die Fruchtbarkeit der Arbeit steigert. Aber für den wirtschaftlichen

Fortschritt, für die Lebendigerhaltung und Umbildung der Wirtschaft können

sie nichts leisten.

Anders steht es in der ständisch fundierten Wirtschaft. Hier werden die Kör-

perschaften selbst auf die richtigen Lohnverfahren und Arbeitsweisen bedacht

sein: sie werden selber nach neuen Techniken und Organisationsweisen greifen,

weil dem Betriebe infolge der kartellartigen Einschnürung von Selbstkosten und

1

Vgl. Jakob Strieder: Studien zur Geschichte der kapitalistischen Organisa-

tionsformen, München 1914.

21 Spann, 5