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wie jeder Stand, auf arteigenen Aufgaben, das heißt auf seiner eige-
nen Sachsouveränität; und demgemäß auf einem eigenen Kreise von
Menschen, die sich ihm vor allem widmen, ihn tragen und gestalten,
der staatstragenden Schichte eines Volkes.
Dieser staatstragende Personenkreis soll ebenso in seiner eigenen
Lebensaufgabe verwurzelt sein, wie die Personenkreise der wirt-
schaftlichen Stande und der geistigen Stände in der ihrigen. Er be-
steht daher aus einem Sachverständigenkreise, der aber nicht zuerst
gekennzeichnet ist durch Beamtengeist und Beamtentum (noch we-
niger durch Rednertum und Werbegeschick wie bei den wildgewach-
senen politischen Führerkreisen des Parlamentarismus), sondern
durch den schöpferischen Gedanken des Organisators, den staats-
gestaltenden Gedanken. Darum: ein einziger Staatsheld gibt Jahr-
hunderten das Gepräge.
Ferner geht der Geist des wahren Staatsmannes und des staats-
gestaltenden und -tragenden Standes, auf Grund eigener Erziehung
zum Führertum, durch Kriegergeist und Kriegertum über bloßes
Beamtentum hinaus, wie sich schon früher zeigte. Echte Führerschaft
adelt. Die Führerschaft ist auch Arbeit, jedoch solche, die das Wirk-
samste, das Lenkende, Gestaltende in der geführten Arbeit beistellt.
Obgleich der Staat sich nicht aus anderen Ständen herleitet, so
muß er doch ein allgemeines Verhältnis zu diesen Ständen gewin-
nen, da er ja zu- / gleich ihr Oberleiter und, wenn sie versagen, ihr
Stellvertreter (Supplent) ist
1
. Daher kommt es, daß der Staat mit
den Lebensbedürfnissen aller Lebenskreise in steter Fühlung bleiben
muß. Die F ü h r e r d e r a n d e r e n S t ä n d e b i l d e n d a -
h e r s e i n e n n a t ü r l i c h e n B e i r a t , seinen natürlichen
Beratschlagungskörper
2
. Sie bilden aber keinesfalls die Wurzel, aus
der sich der Staat bildet, in ihnen kann sich auch keineswegs der
Staatswille bilden. Das wäre individualistisch gedacht, als würde sich
der Staat von Einzelnen oder wenigstens von Körperschaften ab-
leiten, durch deren „Zusammentreten“ entstehen. Der „Stand Staat“
muß sich grundsätzlich seinen Willen selbst bilden, er kann darum
sogar selbstherrlich aufgebaut werden — wenn er nur den anderen
Ständen ihr wesensgemäßes Eigenleben läßt und das seinige selbst in
warm-lebendiger Fühlung mit ihnen führt.
1
Siehe oben S. 258.
2
Siehe unten S. 340 f.