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fere Geistigkeit ist es, die in dem politischen Leben des Ständestaates

ihre Abspiegelung finden wird.

B. Der h ö c h s t e g e i s t i g e S t a n d

Was die höchste Schichte, jene der g e i s t i g s c h ö p f e r i -

s c h e n M e n s c h e n , anbelangt, so wurde wiederholt gesagt

1

,

daß sie kein vollständiger Stand sei, da sie kein eigentlich handeln-

der, sondern ein geistig hervorbringender Teil der Gesellschaft ist.

Wir haben auch oben schon die Frage gestreift, wie diesen Men-

schen dennoch ein Standort, ein ruhiger Platz in der Gesellschaft

zu sichern sei, ihnen, von denen der wahre Fortgang, der ewige

Frühling der Geschichte abhängt.

Wenn man bedenkt, wie das Wesen des Genies darin besteht,

Ursprüngliches, Neues zu sagen, den anderen um einen Blick in das

Wesen der Dinge voraus zu sein, dann erscheint seine Förderung

allerdings eine hoffnungslose Aufgabe; denn gerade wegen dieses

Vorsprunges ist es von den Zurückgebliebenen nicht als Genie zu

erkennen. Der unglückliche Schubert, dem zeitweilig sogar das Kla-

vier fehlte, auf dem er seine zauberischen Weisen hätte erproben

und ausgestalten können, der daher zum Nachbarn lief, wo dieses

Klavier unvergleichlich unnützer dastand, dieser Mann ist kein Zu-

fall, sondern ein Vertreter. Nie aber wird ein Mittel gefunden wer-

den, die Menschheit das Große verstehen zu lehren — schon in dem

Augenblicke, da dieses Große erst geboren wird. Dazu bedarf es der

vermittelnden, aufklärenden, erziehenden Arbeit der Jünger und

Schüler. Der große Meister kann selten unvermittelt zu der Menge

sprechen.

So angesehen, bleibt die Aufgabe ewig unlösbar. Aber trotzdem

gibt es wirksame Mittel, um bedeutenden Geistern den Weg zu

ebnen. Ein solches Mittel erblicke ich vor allem in einer breiten Ver-

bindung hoher Begabungen mit dem höheren Lehramte und mit

Akademien. Wir haben nur eine Akademie der Wissenschaften (und

auch diese bietet ja herzlich wenig, dank der grenzenlosen Haus-

backenheit und Barbarei der letztvergangenen Zeitalter); wo aber

sind die Akademien der Dichtkunst, der bildenden Künste, der mu-

1

Siehe oben § 29.