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sikalischen Künste, der Vortragskünste, der technischen Wissenschaf-
ten? Diese Akademien wären, um wirksam zu sein, mit reichlichen
Mitteln zur Förderung der schaffenden Künstler auszustatten, z. B.
indem Preise, Druckförderungen, Stipendien und Unterstützungen
aller Art zur Verfügung zu stellen wären, und zwar nicht etwa nur
nach dem Urteile von Gelehrten und Kritikern, sondern auch und
vorerst unter Mitwirkung führender schöpferischer Künstler selbst.
Außer den Akademien brauchen wir ferner für die Künste / ein
ausgebildetes Hochschulwesen, das heißt ein solches, das nicht nur
Gelehrte, sondern auch wirklich schaffende Künstler und Kritiker
beherbergt. Auf solchen Hochschulen hätten unsere großen Dichter,
Musiker, Maler, Bildhauer, Architekten und Kritiker nach ihrer
freien Wahl die Werke der ihnen verwandten Meister der Vorzeit
zu erklären, und dies ganz auf ihre poetische und freie künstlerische
Weise, mit so viel oder so wenig gelehrtem und schulgerechtem Bei-
werke, als ihnen paßt. Damit erstünden die Akademien und Mei-
sterschulen der alten Zeit in vergrößerter Gestalt wieder.
Auch auf dem Gebiet der Wissenschaft, um deren Förderung es
heute noch weitaus am besten steht, könnte man für die selbständig
schaffenden Kräfte noch wesentlich besser sorgen. Nicht nur, daß
der Staat an seinen Hochschulen schon immer auch die führenden
Kräfte nur armselig entlohnt und damit den Abfluß guter Begabun-
gen in die handelnden Stände (Industrie, Handel, Finanz) verhäng-
nisvoll gefördert hat. Noch schlimmer ist, daß er gerade die Schaf-
fenden dadurch unterdrückt, daß er zuviel an Lehrtätigkeit von
ihnen verlangt. Es ist ja richtig, daß die große Mehrzahl der Hoch-
schullehrer heute wie immer recht geringe schöpferische Fähigkeiten
hat (oder auch gar keine, so daß sie zu bloßen Handwerkern höhe-
ren Unterrichts herabsinken), und daß angesichts dessen die Arbeit,
die man ihnen zumutet, ganz gerechtfertigt sei — aber muß man
denn immer den Zuschnitt der Maßnahmen für den untersten
Durchschnitt nehmen? — Auch der Aufbau unserer Lehrkanzeln
leidet heute an den Mängeln spezialistischer, unorganischer Abgren-
zung, an dem Fehlen organisch zusammenfassender Kanzeln. Ferner
wäre es dringend nötig, unser Hochschulwesen durch eigene „For-
schungskanzeln“ planmäßig zu ergänzen; solche bestehen heute nur
in ganz geringer Anzahl, dazu noch bezeichnenderweise nur für die