Table of Contents Table of Contents
Previous Page  2493 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 2493 / 9133 Next Page
Page Background

[239]

331

Weil der Staat ein eigener Stand mit eigener Aufgabe ist, hat er

dem Wesen der Sache nach auch nicht im Hinblick auf seine Geld-

mittel und Geldmacht von den anderen Ständen abhängig zu sein,

jedenfalls lange nicht so sehr, wie es das heutige S t e u e r w e s e n

zeigt. Wesensgemäß ist es vielmehr, daß der Staat instand gesetzt

werde, seine ordentlichen Bedürfnisse im großen und ganzen aus

seinen eigenen Quellen zu speisen: Eigenbesitz, Domänen, Mono-

pole aller Art, unmittelbare Einkünfte der höchsten Staatsstellen

und maßgebenden Verrichtungsträger aus eigenem Besitze, das ist

es, was die Natur der Sache verlangt, und was auch immer in der

Geschichte so lange vorherrscht, bis der individualistisch-liberale

Unstaat über die Menschen hereinbricht und sie an den Rand der

Auflösung oder des Bolschewismus drängt.

Ist der Staat wesensgemäß als Stand neben Ständen (und über

ihnen) eingerichtet, und ist demgemäß das ganze Leben körper-

schaftlich-ständisch geordnet, wie z. B. im Mittelalter, dann folgt

daraus die sachgemäße S e l b s t v e r w a l t u n g aller ständischen

Angelegenheiten. Hiermit üben die Stände aber eigene Hoheitsrechte

aus, sie benehmen sich in ihrem Kreise wie der Staat in dem seinen.

Darum läßt sich dieser Sachverhalt bildlich in den Satz kleiden:

S t a n d s c h l u c k t S t a a t . Jeder Stand nimmt dem heutigen

zentralistischen Staate, der alles machen will, jene Veranstaltungs-

arbeit ab, die wesensgemäß nicht dem Staate, sondern einem anderen

Stande arteigen zukommt. Er wird dadurch gleichsam in sich selber

ein kleiner Staat (Ende des Zusatzes zur dritten Auflage).

Z u s a t z z u r v i e r t e n A u f l a g e

S t a a t u n d W i r t s c h a f t

Der Individualismus sah das Verhältnis von Staat und Wirtschaft

falsch, indem er die Wirtschaft nach Gesetzen des L a i s s e z - f a i r e

bestimmt sein ließ und die Tätigkeit des Staates als nachträgliche

„Intervention“ auffaßte, die er natürlich verwerfen mußte. Auch

der marxistische Kollektivismus sah es falsch, wie schon seine Lehre

vom „Absterben des Staates“ zeigt

1

. Aber auch die heute in Italien,

Deutschland und Österreich herrschende Richtung, welche die staat-

1

Siehe oben S. 149 f. und 178.