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NACHWORT

von

Ferdinand A. Westphalen

Es gibt im umfangreichen sozialwissenschaftlichen und philoso-

phischen Lebenswerk Othmar Spanns wohl kaum ein Buch, das bei

oberflächlichem Uberlesen der Kritik so viel Stoff zu bieten scheint

wie „Der wahre Staat“. Das Werk ist von starkem politischen

Engagement, aber auch von tiefem Verantwortungsbewußtsein ge-

tragen. Ein sehr persönliches und durchaus vom Zeitpunkt seiner

Abfassung bestimmtes Werk. Es kann trotz klarer Verankerung im

theoretisch Generellen und im geistig Grundsätzlichen schwer von

der konkreten geschichtlichen Lage getrennt werden, aus der es

kommt und in die es hineinspricht. Handelt es sich doch um eine

Zusammenfassung von Vorlesungen, die Spann unmittelbar nach

dem ersten Weltkrieg an der Universität in Wien gehalten hat.

Diese Zeitgebundenheit macht manche scharfen Formulierungen be-

greiflich, die sicherlich der Kritik Ansatzpunkte bieten. Der ober-

flächliche Leser, der die rasch wirkenden politischen Rezepte sucht,

kann ebenso leicht am Eigentlichen des Spannschen Werkes vor-

übergehen, an seiner grundlegenden sozialphilosophischen Basis, sei-

nem ethischen Gehalt und seinen theoretischen Erkenntissen, wie

der Tagespolitiker mit seiner kurzfristigen Schau oder der „terrible

simplificateur“ der politischen und sozialen Propaganda, der mit

infantilen Alternativen operiert.

Spann liegt eine oberflächliche Überschätzung des Politischen,

Organisatorischen und Institutionellen gegenüber einer universellen

Krise der Kultur durchaus fern. Bei aller methodisch verständlichen

und wohlbegründeten Betonung der strukturellen und organisato-

rischen Erfordernisse eines recht geordneten, also vom Menschen

her geordneten sozialen und politischen Lebens wird er auch in

diesem Buch nicht müde, den Primat des Geistigen bei der Erkennt-