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ganzen Organismus von Werten, der in den verschiedenen Vorräten
gegeben ist, zu bestimmen?
Vornehmlich diese Erwägung war stets der Grund dafür, warum
der Verfasser dieser Zeilen trotz der Vorwürfe im Schrifttume
1
und
der Hinweise seiner Schüler, daß er dem Grenznutzen zu große Zu-
geständnisse mache, und trotz der oft betonten Unzulänglichkeiten
der Lehre doch so lange (im Teilbereiche der Werttheorie) am Be-
griffe des Grenznutzens als einem zum Teil ganzheitlich ausdeut-
baren Grundbegriffe bedingungsweise festzuhalten versuchte, indem
er nämlich dabei die unverkennbaren Schwierigkeiten der Grenz-
nutzentheorie mehr auf das atomistisch-individualistische Verfahren
Mengers und seiner Schüler schob.
Er mußte sich aber schließlich überzeugen, daß sowohl das Gos-
sensche Gesetz mit seiner Lehre von der Schichtung der Nutzungen
wie auch der Grenznutzenbegriff selbst und die darauf aufgebaute
Wertungsregel, „die Güter werden nach ihrem Grenznutzen ge-
schätzt“, unhaltbar und ungültig ist.
Das „Gossensche Gesetz“ ist unrichtig. Es bezeichnet keinen all-
gemeingültigen Tatbestand.
Ich habe schon in meinem „Fundamente
2
“ auf den Mangel hin-
gewiesen, daß es bloß künstlich isolierte Ziele (Bedürfnisse) in Be-
tracht zieht und dadurch der Grund- und Urtatsache der/Wirt-
schaft, wonach es nur Ganzheiten von Zielen und Leistungen, also
nur verbundene Ziele wie Mittel gibt, widerspricht.
Es ist nicht richtig, was das Gossensche Gesetz behauptet und
was die Achse der Grenznutzenlehre wurde, daß bei wachsender
Gütermenge durchgehends ein abnehmender Nutzen sich ergäbe!
Diese Regel trifft
1.
nicht einmal immer zu bei (angeblich) vereinzelten Zielen
oder „Bedürfnissen“;
2.
sie trifft grundsätzlich nicht zu bei den offensichtlich und
selbst von der herrschenden Lehre so genannten „verbundenen"
1
Vgl. z. B. Hero Moeller: Weltwirtschaftliches Archiv, Zeitschrift für all-
gemeine und spezielle Wirtschaftslehre, Bd 15, Jena 1920, S. 232. — Rudolf
Stolzmann: Die Krisis in der heutigen Nationalökonomie, Jena 1925, S. 133.
2
Fundament der Volkswirtschaftslehre, 2. Aufl., Jena 1921, S. 87, Zeile 23
von unten,- 3. Aufl., Jena 1923, S. 86 unten und S. 87 unten; 4. Aufl., Jena
1929, S. 83 ff. und § 19, S. 135 ff.