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Gossenschen Gesetzes. In Wahrheit sind die Mengeneinheiten
nicht gleich-/ förmig zu „stückeln“. Angenommen, ein Wirtschafts-
hof wäre reichlich mit Wasser versorgt. Dann könnte wohl der
tägliche Zuwachs von 1 Glas oder 1 Liter nutzlos sein — aber wie
steht es, wenn 100 Sekundenliter durch eine neue Quelle zuwüchsen?
Dieser Zuwuchs wäre auf dem reinen Genußgebiete hoch willkom-
men, z. B. indem Badewasser nun in Überfluß da wäre, was dem
Gesundheitszustand der Bewohner plötzlich sehr förderlich ist.
Freilich, die „letzten“ Gläser Wasser bedeuteten keine Nutzen-
zuwüchse für das Baden. Man hätte daher auch gerne darauf ver-
zichtet. Solche Mengeneinheiten, wie für t ä g l i c h e Badezwecke
nötig waren, konnte man damals nicht erübrigen. Daher n u n -
m e h r der Zuwachs in anderer Mengeneinheit (Sekundenliter), in-
dem er das t ä g l i c h e Bad ermöglicht, plötzlich einen neuen gro-
ßen Nutzen stiftet. — Noch greller ändert sich die Sachlage, wenn
das neue Wasser als Erzeugungsmittel verwendet wird. Es treibt eine
Mühle, es erzeugt elektrisches Licht, es erleichtert die Viehhaltung
und vieles andere. Dann wird die Auswirkung in Wohlstand und
Genuß viel, viel größer sein, als den „letzten“ Wassereinheiten, als
dem „Grenznutzen“ des Wassers früherer Versorgung entsprach —
die Zuwüchse haben nicht kleinere, sondern größere Nutzleistungen
hervorgebracht!
4.
Geistige Ziele insbesondere
Ein Grundfehler der Grenznutzenlehre ist auch die hier trotz
gegenteiliger
Beteuerung
unterlaufende
m a t e r i a l i s t i s c h e
V o r s t e l l u n g , die Wirtschaft sei nur für Essen und Trinken da.
Nun ist aber Essen und Trinken zumeist nur das Vorziel für höhere
Genüsse, für die „ K r o n e d e s L e b e n s “ ! Für den Gelehrten ist
z. B. die Anschaffung von Büchern, für die Mutter die gute Erzie-
hung ihrer Kinder, für den Abenteuerlustigen und Schaulustigen
das Reisen, für den Stutzer die Kleidung nach der neuesten Mode
das Ziel seiner Sehnsucht, die Krone des Lebens — es sind Zuwüchse
größten, höchsten Ertrages, die aber gerade erst dann aufwendbar
sind, wenn die weniger / edlen und hohen Ziele der bloß äußeren
Lebensfristung gesichert sind.
Wir können uns einen talentreichen, wissensdurstigen Menschen denken,
dessen Lebensfristung zwar gesichert ist, dem aber die Anschaffung von
Büchern und andere geistige Zielerreichung versagt ist, der daher unglück-
lich und trübsinnig wird, den a b e r g e r i n g e Z u w ü c h s e g l ü c k -