166
[177/178]
kanntlich steht jede geschichtliche Volkswirtschaft im Zeichen des
Kapitalmangels. Zuwachsende Kapitalmengen finden in der fort-
schreitenden Wirtschaft — und nur um eine solche handelt es sich
ja bei Zuwüchsen! — stets eine Verwendung, die eine Mehrergie-
bigkeit (Mehrnutzen) der betreffenden Wirtschaftsgebilde in sich
schließt.
Von den Eisenbahnbauten, den Einführungen der Dampfmaschinen, des
mechanischen Webstuhls und so fort angefangen bis zum heutigen Tage, wo
z. B. in Österreich und in den gebirgigen Gegenden des Deutschen Reiches
der Ausbau der Wasserkräfte den gesamten Leistungsstand der Volkswirt-
schaft vermehrt, ist das Gesetz des abnehmenden Nutzens („Ertrages") bei
wachsender Gütermenge widerlegt. — In diesem Beispiele ist angenommen,
daß keine n e u e n Erfindungen gemacht wurden. Aber wie viele neue Er-
findungen, die ihrer Natur nach den Leistungsgrad der Gebilde erhöhen,
müssen nicht neben den alten wegen Kapitalmangels unausgeführt liegen
bleiben!
7.
Ungültigkeit für das Vorkapital und das Kapital höherer Ordnung
Ebensowenig gilt das Gesetz des abnehmenden Nutzens von zu-
wachsendem Kapital in der Vorreife, das heißt von zuwachsenden
Erfindungen und zuwachsendem Lehren. Jede neue Erfindung er-
höht die Fruchtbarkeit aller betroffenen Leistungen, was so klar
zutage liegt, daß hier/nicht weiter darüber zu sprechen ist. (Aller-
dings muß die Verhältnismäßigkeit aller Erzeugungszweige gewahrt
werden.) Gewiß bringen fortbildende Erfindungen und neue Lehren
oft nicht denselben Mehrertrag wie frühere, aber daß sie sehr wohl
einen größeren bringen k ö n n e n , und daß hier kein mathemati-
sches Gesetz obwaltet, das leuchtet ein.
Ferner gilt das Gossensche Gesetz ebensowenig von zuwachsen-
dem Kapital höherer Ordnung (für das günstige Handelsverträge,
Zölle, Handels- und Wechselrecht, Marktordnungen, Bauordnungen
als Beispiele dienen mögen
1
). Das Kapital höherer Ordnung ist nicht
nur passives Wirtschafts m i t t e l , sondern auch B i l d n e r von
Wirtschaftskräften, das heißt von führenden und nützenden Lei-
stungen. Jede neue organisatorische Maßnahme im Rahmen der
Volks- und Weltwirtschaft, z. B. jeder gelungene Handels- und
Schiffahrtsvertrag, jeder Kartellvertrag, jede organisatorisch richtige
Genossenschafts- oder Gewerkschaftsmaßnahme, jede Betriebsver-
besserung (z. B. Taylorsystem!) vermehrt den Leistungsstand, den
' Eine nähere Erklärung dieses Begriffes siehe oben S. 84 ff. und 104 f.