[204/205]
189
Ü b e r a l l k a n n n u r v o m G a n z e n a u f d a s E i n z e l n e
h e r u n t e r g e s c h ä t z t w e r d e n , n i e m a l s v o m E i n z e l -
n e n z u m G a n z e n h i n a u f . Darum gilt auch insbesondere: nie-
mals geht die Schätzung ihrem Wesen nach auf Subjektivität, nie-/
mals geht die Schätzung den Weg vom Subjektiven zum Objekti-
ven; sondern umgekehrt vom Objektiven zum Subjektiven. Wo
man auch in der Wirtschaft hinblickt, überall wird sich dasselbe
zeigen: Der Leistungsstand des Gebildes ist das Erste, die Größe der
einzelnen Leistung ist das Abgeleitete. Von der Leistung aus wird
erst die Leistungsgröße bestimmt. Es ergeben sich folgende Sätze:
G a n z h e i t d e r L e i s t u n g e n i s t v o r e i n z e l n e r
L e i s t u n g .
L e i s t u n g i s t v o r L e i s t u n g s g r ö ß e .
Leistungsstand des Gebildes, Gesamtnutzen, das ist G a n z h e i t
d e r L e i s t u n g s g r ö ß e , i s t v o r L e i s t u n g s g r ö ß e d e s
e i n z e l n e n G l i e d e s , das heißt in kürzerer Fassung: Gesamt-
nutzen ist vor Gliednutzen. Dieser Satz ist hier keine sittliche For-
derung, sondern Wesensaussage, analytischer Befund.
Das sind die Sätze, die von der Leistungslehre zur Leistungs-
größenlehre, von der sachlichen Wirtschaftslehre zur Wert- und
Preislehre oder Wirtschafts-Rechenlehre führen und überall die
Richtung von oben nach unten wahren, der Urwahrheit gemäß,
daß das Ganze überall vor dem Teil ist.
Wie verhalten sich nun diese Einsichten zu dem Satze der Grenz-
nutzenlehre: „Die Güter werden nach ihrem Grenznutzen ge-
schätzt“? Dieser Satz ist falsch. Denn Güter wenden niemals von
einzelnen Teilnutzen aus geschätzt, auch gibt es, wie sich früher
zeigte, in aller Regel keinen abnehmenden Nutzen, keine Grenz-
größen
1
; vielmehr wird bei der Schätzung der Güter vom Leistungs-
stande des Gebildes ausgegangen, und zwar nach Gleichwichtigkeit.
Daher gilt:
Die Güter werden als Glieder einer Gesamtleistung nach Gleich-
wichtigkeit geschätzt (I). (Uber die hier noch nicht in Frage
kommende „Vertretbarkeit" später.) — Zu diesem Satze ist, nach
1
Siehe oben S. 161 f.