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Denn auch im Naturaltausch (der nämlich seinem Wesen nach kein
reiner Gelegenheitstausch ist) muß stets schon eine bestimmte geld-
artige Organisation des Verhältnisses der tauschenden Wirtschaften
zueinander enthalten sein. Denkt man an die Fronhof- und Feu-
dalwirtschaft, so sind die mengenhaften Ausgliederungsverhältnisse
durch die Bemessung der jeweils vorgesehenen Spanndienste und
Zehnten der Bauern einerseits, der Gegenleistungen der Gutsherren
andererseits mitbestimmt. Diese Leistungen sind alle Entgelte, sind
also Geld — und doch zugleich Organisation, also Gestalter, Her-
vorreizer der Wirtschaft. Denkt man an die heutige kapitalistische
Großwirtschaft, so z e i g t s i c h d u r c h d i e S c h ö p f u n g u n d
b e s t i mm t e A r t d e s G e b r a u c h s v o n W e c h s e l n , B a n k -
n o t e n , G i r a l g e l d u n d d e r g l e i c h e n ü b e r a l l e i n e
G e l d s c h ö p f u n g , w e l c h e z u g l e i c h d i e W i r t s c h a f t
o r g a n i s i e r t , und zwar zunächst Kauf und Verkauf, schließlich
aber den gesamten Wirtschaftsgang mitgestaltet. Warenproportionen
ohne Geld sind daher nicht denkbar.
Im besonderen ergibt sich die Nutzanwendung auf die Papier-
geldaufblähungen, die sogenannten „Inflationen“. Zu ihnen hat die
subjektive Wert- und Preislehre überhaupt keinen Zugang, aber
auch die objektive Preiserklärung (Ricardo oder die mathematischen
Schulen) scheitert daran. Denn es handelt sich bei den Papiergeld-
vermehrungen nie um bloße Änderungen der Anzahl der Rechen-
pfennige! Niemals steht es so,/daß bei 1oooofacher Vermehrung
der Papiergeldmenge alle Preise um das 1o ooofache stiegen. Viel-
mehr finden
1.
tiefgreifende P r e i s v e r s c h i e b u n g e n , das heißt Än-
derungen der Verhältnisse der Waren und der Preise untereinander
statt, der in der Statistik so genannten Preisrelationen (z. B. das
Verhältnis der Preise von Fett zu Eiern);
Jena 1929, S. 181 ff.; Die Haupttheorien der Volkswirtschaftslehre, 23. Aufl.,
Jena 1933, S. 31 ff. und 182 ff. [25. Aufl., Heidelberg 1949, S. 33 ff. und
199 ff.]. — Geld ist jenes Kapital höherer Ordnung, das sich vornehmlich
auf die entgeltende Seite der Wirtschaftsvorgänge richtet. Demgemäß gibt
es G e l d a u f a l l e n S t u f e n der Ausgliederungsordnung: Weltgeld,
Binnengeld, Großwirtschaftsgeld (Wechsel, Scheck und anderes), Betriebs-
geld. (Siehe: Kämpfende Wissenschaft, Jena 1934, S. 69 f.)