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259

2.

liegt es im Begriffe des Geldes als Kapital höherer Ordnung,

daß, wie mit jeder Ausgabe von Geld, so auch mit der Ausgabe von

Papiergeld, eine Änderung in den V e r h ä l t n i s s e n d e r Wa-

r e n m e n g e n z u e i n a n d e r e i n t r e t e n m u ß — und zwar

je nach der verschiedenen Verwendung, dem A u s s t r ö m u n g s -

w e g e des Geldes — was jedermann aus dem Verlaufe der letzten

Inflationen weiß, was Geschichte und Statistik bestätigen.

Für die Inflationen ist es also klar, daß sie zuerst die Wirtschaft u m -

g l i e d e r n und dann erst die P r e i s e ändern. Zum Beispiel ergingen

während der Kriegsinflation z u e r s t die Bestellungen an die Kriegs-

industrie, welche die Erzeugung ausdehnte, zubaute, neue Maschinen ein-

stellte; d a n n erfolgte die Auszahlung: Die Umgliederung der gewerb-

lichen Erzeugung ging also voraus. Die Lohnerhöhung und so fort folgte

nach. Andere Ausströmungsweisen des Geldes bringen andere Umgliede-

rungen mit sich, dadurch andere Preisbewegungen (Theorie der Ausströ-

mungswege). Wiederum gilt: Die Preise folgen den Leistungen, daher auch

den Umgliederungen der Leistungen

1

.

Indem die Geldausgabe die Leistungen umgliedert und dadurch

die Preisrelationen untereinander selber ändert, zeigt sich, wie merk-

würdig es für das individualistisch-mechanistische Denken auch klin-

gen mag: daß die G e l d m e n g e n s e l b s t n i c h t e i n d e u -

t i g b e s t i mm b a r u n d d a ß a u c h d i e m e n g e n m ä ß i g e n

A u s w i r k u n g e n d e s G e l d e s n i c h t e i n d e u t i g b e -

s t i mm b a r s e i e n , wie bei jedem Kapital höherer Ordnung,/

bei jedem unverbrauchlichen Organisationsfaktor! Hat man

einmal verstanden, daß das Wesen des Geldes weder metallistisch

noch nominalistisch zu begreifen, Geld vielmehr Kapital höherer

Ordnung sei, dann ist es nicht mehr paradox zu behaupten: Geld

ist selbst kein vollkommen quantifizierbares Gut, Geld ist selbst

ein nicht eindeutig rechenbarer, ein irrationaler Bestandteil der

Preisbildung

1 2

. Mit diesen Sätzen sind alle Arten von „Qantitäts-

theorien des Geldes“ gerichtet.

1

Vgl. die in meinem Buche: Fundament der Volkswirtschaftslehre,

4.

Aufl., Jena 1929, S. 183, angedeutete Theorie der Ausströmungswege;

ferner: Die Haupttheorien der Volkswirtschaftslehre, 23. Aufl., Leipzig 1933,

S. 186 f. [25. Aufl., Heidelberg 1949, S. 205 f.[; Vom Wesen der Papiergeld-

vermehrung (Mitteilungen des Verbandes österreichischer Banken und

Bankiers, Jg 3, Wien 1920, jetzt: Kämpfende Wissenschaft, Jena 1934,

S. 61 ff.).

2

Vgl. Fritz Ottel: Ständische Theorie des Geldes (= Deutsche Beiträge

zur Wirtschafts- und Gesellschaftlehre, Bd 11), Jena 1934, S. 91 ff. und 114 ff.