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B.
U n l ö s b a r e P r e i s r e c h n u n g s f r a g e n d e r p r a k -
t i s c h e n W i r t s c h a f t
Eine Erfahrung, die im Wirtschaftsleben überall und immer
gemacht wird, ist einerseits das Schwankende, Willkürliche, Unbe-
stimmte aller Preise, andererseits das Haften an der Überlieferung,
das selbst bei kühnen Änderungsversuchen noch bestimmend bleibt.
Wir heben im folgenden einige ausgeprägte Fälle hervor.
Einen deutlichen Beweis, daß der Preis die Rechnung des Unrechenbaren
ist, liefert das gesamte Bilanzwesen. Bekannt sind die mannigfachen unlös-
baren B e w e r t u n g s f r a g e n bei der Bilanzaufstellung. Schon die allge-
meine Bewertung der Bestände stößt auf die Frage, ob sie nach Anschaf-
fungskosten, Wiederbeschaffungskosten oder den Verwertungsmöglichkei-
ten im Betriebe (als Leistungsglieder des Betriebserfolges) behandelt werden
sollen? Diese Fragen sind theoretisch nicht lösbar, da die Bilanz nicht die
Summe einzelner Bilanzposten ist, sondern Wert und Erfolg des ganzen
Betriebes, den die Bilanz feststellen will, durch die Teilnahme an der Volks-
wirtschaft bestimmt wird; also zuerst nicht durch innere Betriebselemente
sondern durch die überbetrieblichen Bedingungen, durch die Eingliederung
in die Volks- und Weltwirtschaft. — Die Bewertungsfragen sind aber na-
mentlich bei dauerbaren Gütern für die Bilanz wichtig, aber auch für andere
Güter. Sollen z. B. die zur Zeit der Inventur vorrätigen Rohstoffe zu ihrem
Kaufpreise / eingesetzt werden? Das wäre falsch, da sie nicht nach ihrem
Kaufpreise, sondern als Betriebsglieder nach Maßgabe ihrer Leistung für
den Erfolg des Betriebes beteiligt sind. Ebensowenig können sie aber zu
jenem Preise eingesetzt werden, den sie voraussichtlich zur Zeit ihrer Ver-
wendung haben werden. Am richtigsten schiene es noch, sie nach dem vor-
aussichtlichen Preise, den das Erzeugnis, das aus ihnen gemacht werden
wird, zur Zeit der Fertigstellung hat, zu veranschlagen. Aber nach welchem
Schlüssel? Und wer weiß jenen Preis? — Das praktische Wirtschaftsleben
verfährt hier bekanntlich wechselnd und willkürlich.
Ebensowenig wie die Bewertung ist die A b s c h r e i b u n g eindeutig
durchführbar, sei es dauerbarer Güter, sei es dubioser Forderungen. Wie
soll z. B. eine Dampfmaschine, die 100 Jahre alt ist und noch sehr gut
arbeitet (es gibt solche!), bewertet werden? — wie ein Gebäude, das
300 Jahre alt ist? Beide müßten als längst abgeschrieben gelten, haben aber
doch einen großen inneren Wert und nach außen hin sogar einen, wenn auch
noch so unbestimmt erzielbaren, Preis.
Bekannt sind ferner die großen Schwierigkeiten der S e l b s t k o s t e n -
b e r e c h n u n g . Die Aufteilung der „Regie" auf die verschiedenen Kosten-
bestandteile; noch mehr aber die Aufteilung des Erlöses auf die verschie-
densten Erzeugungselemente, z. B. auf kurzlebige, sehr teure, rasch ver-
altende und auf langlebige, billige, beständigere Maschinen, ist theoretisch
wie praktisch willkürlich. Hier bieten nur die äußeren Maßverhältnisse der
Güter und die vermuteten Änderungen, Erfindungen und dergleichen ganz
unbestimmte Anhaltspunkte. Wieviel soll z. B. eine Eisenbahn für Geleise-
anlagen, Gebäude, Werkstättenanlagen ansetzen? — Eine andere bekannte
Frage stellt die Aufteilung der Kosten bei sogenannten „Koppelprodukten".