[292/293/294]
265
kann. Hier muß die Verteuerung ganz auf den Preis des Erzeugnisses über-
wälzt werden, wodurch ganze Gewerbe gefährdet werden können, denn
diese Preiserhöhung betrifft ja Kostenelemente der Massenwaren. Die be-
kannte, überall zu beobachtende Erscheinung, daß die A r b e i t e r i m
K o h l e n b e r g b a u g e r i n g e r e L ö h n e h a b e n a l s z . B . d i e A r -
b e i t e r i m H ü t t e n w e r k e , und daß selbst die größten Streike daran
wenig zu ändern vermochten (siehe namentlich die englischen Kohlen-
arbeiterstreike vor und nach dem Kriege), wird hieraus verständlich.
2.
Preis und Zahlungsfähigkeit
Unrichtig ist es, wenn die subjektive Preistheorie mit der „Zahlungs-
fähigkeit der Käufer" operiert, aus der sich die verschiedenen Grenzschät-
zungen ergeben sollen. Die Wirtschaftserfahrung lehrt aber, daß die Zah-
lungsfähigkeit der Käufer wesentlich / nur als Vorbedingung der Erzeugung
in Betracht kommt. Für arme Käufer werden Waren geringerer Güte und
niedrigerer Kosten herzustellen gesucht als für reiche. Das heißt aber: Die
Grundtatsachen der Preisbildung liegen schon vor der Zahlungsfähigkeit
und vor den Schätzungen, die auf dem Markte auftreten, nämlich in den
Maßverhältnissen der ausgegliederten Güter, daß soundsoviel Eisen sich
gegen soundsoviel Kohle, Gewebe, Getreide, geistige Güter usw. austau-
schen muß, wenn der Ausgliederungsplan der Wirtschaft erhalten werden
soll. Die Frage der Zahlungsfähigkeit lenkt dagegen die Aufmerksamkeit
auf Personen, statt auf Preise und die ihnen zugrunde liegenden Ausgliede-
rungsmaße mit ihren Leistungsentsprechungen.
Der andere Fall, wo die Zahlungsfähigkeit in der Erfahrung bestimmend
auftritt, ist der wirtschaftspolitische. Die „Zahlungsfähigkeit der Käufer“
kann dann aber nur für ganze Schichten und Kreise von Menschen in Be-
tracht kommen, nicht für einzelne Personen und subjektive Schätzungen. Die
wirtschaftspolitische Frage — z. B.: wie versorgen wir auch die Nichtzah-
lungsfähigen mit bestimmten Gütern? — läuft aber zuletzt auf eine Um-
gliederung der Wirtschaft hinaus, nämlich auf die Frage: wie dehnen wir
die Erzeugung so aus, daß auch andere Schichten versorgt werden können?
Alles das geht aber über die Preistheorie hinaus und wird eine Frage des
Gliederbaues der Leistungen.
Zahlungsfähigkeit als Grund der Preisbestimmung (wie ihn die Grenz-
nutzentheorie eingeführt hat, um ihn fälschlich aus Grenzschätzungen zu er-
klären) heißt in Wahrheit: Zahlungsfähigkeit bestimmt die Gliederung, die
Verteilung der Erzeugungsmittel; heißt: die Verteilung bestimmt den Preis;
heißt: die mengenmäßigen Ausgliederungsverhältnisse (in denen sich die
Verteilung ausdrückt) bestimmen den Preis; und das heißt wieder: die nach
Gleichwichtigkeit zueinander in Beziehung gesetzten Leistungszweige der
Wirtschaft bestimmen die mengenmäßigen Ausgliederungsverhältnisse und
diese die vornehmste Grundlage des Preises.
3.
Preis, Kosten, Art und Weise des Anbietens und Nachfragens
Die alte Arbeitswerttheorie hatte immerhin den Vorteil, auf objektive
Kostentatsachen das Auge zu lenken. Die Menger-Schule ließ die Kosten
grundsätzlich fallen, indem sie den Wert der Kostengüter schlechthin von
dem der Genußgüter ableitete. Wirtschaftliche Erfahrung und Vernunft sagt
uns aber, daß es für den Wert / eines Genußgutes nicht gleichgültig ist, ob
es sich aus vielen oder wenigen Leistungen früherer Phase, vielen oder