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Es zeigt sich hier als wichtiges Ergebnis: daß in u n s e r e m L e h r -
b e g r i f f e d e s P r e i s e s d i e L e h r e v o n d e r L e i s t u n g s g l i e -
d e r u n g u n d v o m L e i s t u n g s e r f o l g e ( E r t r a g ) e i n e r s e i t s ,
j e n e v o n d e r P r e i s - u n d E i n k o m m e n s b i l d u n g a n d e r e r -
s e i t s i n E i n k l a n g i s t . Die frühere Theorie dagegen hatte in der
„Lehre von den Produktionsfaktoren" eine dürftige, verschämte Lehre der
Leistungsgliederung, die mit der Preis- und Verteilungslehre nicht in Ein-
klang war
1
.
Steuern und Umlagen können von keiner der bisherigen Preiserklärun-
gen widerspruchslos in die Preislehre eingefügt werden, da es sich dabei
nach ihren Lehrbegriffen nicht um wirtschaftliche Elemente, noch formell
weder um Käufer und Verkäufer auf Märkten handelt, überdies die vom
liberalen Denken so gefürchtete behördliche Regelung und Tarierung hier
eintritt. Für die Erklärung der Preise aus Gleichwichtigkeit bestehen diese
Schwierig-/ keiten nicht. Steuern, Umlagen, Gebühren, Taxen ergeben sich
uns als notwendige A u f r e c h n u n g s e l e m e n t e f ü r d a s K a p i t a l
h ö h e r e r O r d n u n g , das nicht nur vom Staate, sondern auch von Ge-
bieten, Gemeinden, Kammern, Gewerkschaften, Genossenschaften, Verbän-
den, Kartellen usw. eingehoben werden muß (wobei die Art der Veranla-
gung und so fort, das Steuergesetz, selbst Kapital höherer Ordnung ist).
In der Tat werden Steuern und Umlagen doch von jedem Geschäftsmanne
genau so in die Preise „einkalkuliert" wie andere Kosten. In der Konkurs-
ordnung gehen sie bekanntlich sogar voran — und mit Recht, weil die Do-
tierung des Kapitals höherer Ordnung den Vorrang hat
2
.
Damit fällt auch auf die Überwälzungsfragen neues Licht. Insofern die
Leistungen des Staates als Kapital höherer Ordnung in jeder nachgeordne-
ten Leistung enthalten sind, t r ä g t j e d e n a c h g e o r d n e t e L e i -
s t u n g g r u n d s ä t z l i c h d i e S t e u e r m i t . Sogar Einkommens-
Steuern, Wertzuwachssteuern, Totalisateursteuern, Erbschaftssteuern und
dergleichen, die es auf die Einkommensminderung abzielen, werden daher
nicht, wie fälschlich behauptet wird, vom Besteuerten allein getragen, son-
dern werden sich grundsätzlich, sei es auch durch Vermittlungen hindurch,
in den Preisen auswirken, das heißt, sie werden durch mehr oder weniger
V e r m i t t l u n g e n hindurch überwälzt. Üb e r w ä l z u n g findet daher
an jeder Stelle des Wirtschaftsganges statt. Jede Steuer, die überhaupt
wirksam wird, geht als Kapital höherer Ordnung in den Wirtschaftsgang
ein und ist daher fruchtbar oder hemmend, sei es unmittelbar oder mittel-
bar. Allerdings gibt es auch Steuern, welche u n t e r d r ü c k e n , also die
Rücküberwälzung der Steuer unmöglich machen wollen, z. B. gewisse
Luxussteuern. In diesem Falle wird aber nicht die Überwälzung im beson-
1
Vgl. unten S. 278 ff.
2
Vgl. Wilhelm Andreae: Bausteine zu einer universalistischen Steuerlehre
(= Deutsche Beiträge zur Wirtschafts- und Gesellschaftslehre, Bd 3), Jena
1927, und Willi Wygodzinski: Einführung in die Volkswirtschaftslehre
(= Wissenschaft und Bildung, Bd 113), 8., völlig neugestaltete Aufl. von
Wilhelm Andreae, Leipzig 1929.