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E.
G e s c h i c h t l i c h e T e u e r u n g e n . P r e i s v e r s c h i e b u n g
V e r s c h i e d e n e P r e i s g e s t a l t u n g d e r
G e s c h ä f t s z w e i g e
Wer je die Preisgeschichte ernsthaft betrachtete, weiß, daß die
Teuerungen nicht von der „Steigerung der Goldproduktion“ her-
rühren, wie Metallisten und altklassische Theoretiker so gerne an-
nehmen möchten. Wesentlich sind vielmehr die Preissteigerungen
Ausdruck aufsteigender Marktlagen, aufsteigender Wirtschaftsent-
wicklung, die unter anderem auch die gesteigerte Golderzeugung
mit sich bringt.
Auch die Lehre von Angebot und Nachfrage versagt gegenüber
der Preisgeschichte ganz und gar. Nachdem deren Schwan- / kungen
vorüber sind, müßte sich ja die alte Preisebene wieder einstellen —
wovon aber in der Preisgeschichte nie und nimmer die Rede sein
kann. Die Preisänderungen bedeuten eben alle nichts bloß Rechne-
risches, sondern sind stets Ausdruck des Umbaues, der Umgliede-
rung der Wirtschaft. Sie sind Ausdruck, aber zugleich Vermittler
dieses Umbaues.
Die Weiterverfolgung dieses Gedankens führt zum Begriffe der
Preisverschiebung, die sich aus Kaufkraftsentbindungen und -bin-
dungen ergibt, welche ihrerseits wieder auf Fruchtbarkeitsverän-
derungen, auf Veränderungen im Leistungsbaue der Wirtschaft
überhaupt, zurückgehen
1
.
Noch eine Reihe anderer Erscheinungen, mit denen die subjek-
tive Lehre nichts anzufangen weiß, Erscheinungen der Preis-
geschichte und des täglichen Geschäftslebens, erklären sich uns mühe-
los aus den Gliederungsgesetzen:
Daß die Kleinverkaufspreise beständiger sind und weniger
schwanken als die Großhandelspreise.
Daß die ersteren dagegen untereinander größere Abweichungen
nach Betrieb und Art aufweisen als die letzteren ( a u s g e p r ä g -
t e r e s E i g e n l e b e n d e r E n d g e b i l d e ) .
Daß nicht in allen Geschäftszweigen gleichviel verdient wird, in
einigen vielmehr dauernd und von altersher höhere Gewinne und
1
Vgl. meine Arbeit: Theorie der Preisverschiebung, Wien 1913.