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2.
Die Leistungen der Vorreife
Auch hier ist die Unverbrauchlichkeit und Vorgeordnetheit der
Erfinderleistung das Wesentliche. Sie macht verständlich, daß die
Vergütung aus dem Ertrage eine ungeheuere Höhe annehmen kann
(Beispiele bilden die großen Erfindervermögen, wie etwa eines
Krupp, Siemens, Auer, Edison — wobei aber diejenigen, welche die
Erfindung ausnützen, und sollten sie sie noch so teuer bezahlen müs-
sen, immer noch einen Gewinn haben); daß sie aber auch auf Null
herabsinken und der Erfinder leer ausgehen kann. Denn bei der
unverbrauchlichen Leistung muß nicht unbedingt für ihren Ersatz
gesorgt werden. Während Stiefelsohlen bezahlt (ersetzt) werden
müssen, weil sie verbrauchlich sind und immer wieder neu gemacht
werden müssen; kann den unverbrauchlichen Erfindergedanken je-
der, der ihn kennt, anwenden, ohne ihn dadurch den anderen weg-
zunehmen.
Die Nichtvergütung der Vorreife hat allerdings ihre Grenzen.
Nämlich daran, daß irgendeine Vorreife für jedes Wirtschaftssystem
nötig ist. In den urheberrechtlichen Einrichtungen einer Zeit wird
nicht nur dem Notstande der Erfinder mehr oder weniger Abhilfe
geleistet, sondern auch die Vorreife überhaupt gesichert. Das Lehr-
lings- und Wanderwesen des Mittelalters (Wanderzwang, Gesellen-
stück, Meisterstück!), das heutige Fachschulwesen, Ausstellungs-
wesen, ferner Preisausschreibungen, Lehrwerkstätten und vieles an-
dere zeugt davon.
Eine weit regelmäßigere Vergütung mindestens der Wiederher-
stellung (des Ersatzes, der Sicherung neuer Leistungen) ver-/langt
dagegen das Lehren und die Anwendung. Da aber die Lehre in
allen Anwendungen wiedererscheint, ist auch hier nach oben eine
Grenze kaum gezogen. Manchmal kommt es auch vor, daß der
Lehrer sich nicht nur durch G e h a l t , S c h u l g e l d , S t u n d e n -
g e l d bezahlen, sondern an der Anwendung des Mitgeteilten betei-
ligen läßt (durch Provisionen oder andere Formen).
Außer dem Erfinder und Lehrer ist aber noch eine mittlere
Schichte n a c h s c h a f f e n d e r V o r r e i f e von besonderem Be-
lange, für welche die bisherige Preis- und Verteilungslehre gleich-
falls kein Auge hatte: der Entwerfer oder Erbauer (Konstrukteur),
der den Erfindergedanken selbständig anwendet; der Züchter von
Tier und Pflanze (z. B. Getreidesorten, Obstsorten, Milchkühe); der