376
die Wirtschaftsstufen gekennzeichnet durch die Tatsache der Be-
fassung der niederen in der höheren Stufe.
Die Fruchtbarkeit beziehungsweise der Ertrag jeder Wirtschafts-
stufe und ihrer Gebilde ist zweifach bestimmt; vom Ertrage der hö-
heren Stufe, deren Glied sie ist (Gesetz der Ertragszuleitung von
oben nach unten); ferner durch ihr Eigenleben oder die sachliche
Ausgliederungsfülle, also vor allem durch die arteigene Entfaltung
aller ihrer Leistungsbereiche. Der Begriff des Eigenlebens besagt,
daß die höchstmögliche Fruchtbarkeit jedes Wirtschaftsgebildes nur
durch dessen Ausbau und durch die Entfaltung seiner Leistungs-
bereiche erreicht werden kann. Dieser Ausbau muß so weit gehen,
als es der sachliche Inhalt der Leistungen einerseits und die Befaßt-
heit im höheren Gebilde andererseits zulassen.
Vermöge dieses Gesetzes der Ertragszuleitung können an sich
gleiche Wirtschaftsgebilde verschiedene Erträge haben (der an sich
gleiche Betrieb in einer anderen Volkswirtschaft, der gleiche Fach-
arbeiter in einem anderen Betriebe).
Die Analyse dieser arteigenen sachlichen Ausgliederungsfülle je-
der Stufe ist der Hauptgegenstand der einzelnen wirtschaftswissen-
schaftlichen Sonderdisziplinen, also der Weltwirtschaftslehre, der
Großraumwirtschaftslehre, der Volkswirtschaftslehre, der Lehre von
den Wirtschaftsverbänden, der Betriebswirtschafts- sowie der Haus-
haltswirtschaftslehre. So begründet der Stufenbegriff zugleich die
Einheit der Wirtschaftswissenschaft.
Das Eigenleben jeder Stufe schließt das Streben nach möglichster
Entfaltung aller ihrer Wirtschaftskräfte zwecks Vermeidung von
Leistungsbrachen
in
sich:
Wirtschaftsausbau
oder
wirtschaftliche
Entwicklung. Jedoch ist die sachliche Ausgliederungsfülle von der
Ausgliederungsmacht, das ist der Vorrang der höheren Stufe vor der
niederen, zu unterscheiden: Die niedere Stufe kann eine größere
sachliche Ausgliederungsfülle haben als die höhere, z. B. der Betrieb
gegenüber dem Kartell oder die Volkswirtschaft gegenüber der Welt-
wirtschaft — ungeachtet deren Vorranges. Trotz der großen Aus-
gliederungsfülle der niederen Stufe prägt die höhere Stufe die nie-
dere: in unserem Beispiel prägt das Kartell als die Verbandswirt-
schaft, die nur wenige Bereiche des betrieblichen Wirtschaftens re-
gelt, die Wirtschaft des Betriebes; prägt die Weltwirtschaft die Volks-
wirtschaft.
Die Lehre vom Stufenbau ist von weittragender Bedeutung für
die Wirtschaftspolitik: alle Wirtschaftspolitik besteht nämlich in der
Pflege konkreter Wirtschaftsgebilde. Die Stufen sind also die Objekte
der Wirtschaftspolitik; deren Aufgabe ist — wie gezeigt — die
fruchtbarste, also optimale Eingliederung der in ihren Wirtschafts-
kräften möglichst entfalteten unteren Stufe in die höhere.
Durch den Stufenbegriff werden die Freihandels-Theorie der