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Noch ein weiterer Mangel des nach mathematisch-mechanischer

Analogie konstruierten Begriffes vom Gleichgewicht wird offenbar. In

diesem Sinne herrscht Gleichgewicht, wenn die Zuwächse sich aufheben,

ihre Summe 0 ist (so daß eben ein natürlicher Beharrungszustand sich

ergäbe). Eine „Gleichung“, eine eigentliche G l e i c h h e i t der Kräfte, die

einander das „G l e i c h g e w i c h t “ halten, ist aber bei wirtschaftlichen

Erscheinungen prinzipiell ausgeschlossen. Die Aufwendungen müssen

notwendig eine k l e i n e r e Größe, einen k l e i n e r e n Verlust

darstellen als der Gewinn, den sie erbringen. Der Punkt, wo wirklich eine

Gleichung, Gleichheit (der Bedeutungen wirtschaftlicher Mittel) sich

herstellt, ist schon der äußerste Grenzpunkt möglichen wirtschaftlichen

Handelns überhaupt! Dieses (und speziell auch der Tausch) beginnt erst,

wo ungleiche Nutzen einander gegenüberstehen. Wenn man eine

mechanische Analogie gebrauchen wollte, müßte man den Zustand der

Entsprechung als einen solchen bezeichnen, in dem nach den gegebenen

Verhältnissen möglichstes U n t e r gewicht der Aufwendungen und U e b

e r gewicht der Tauschgüter oder Produkte herrscht.

Auf

einen

weiteren

Mangel

und

Widerspruch

des

Gleichgewichtsbegriffes Schumpeters hat schon Ludwig Pohle

hingewiesen

1

. Schumpeter definiert den Begriff des Gleichgewichtes als

„einen Zustand

... in dem keine Veränderung der Quantitäten mehr erfolgt,…

in diesem Zustande, in dem die Tauschakte aufhören, müssen unsere

Funktionen, welche eben die Beschreibung der Veränderungen zum

alleinigen Zwecke haben, für w e i t e r e Veränderungen (das heißt die

Zuwächse) die Größe 0 ergeben“

1 1 2

. Die Wertfunktionen nehmen dabei

einen Maximalwert an; daher ist er nicht nur ein ökonomischer Ruhestand,

sondern auch ein Maximumzustand; und zwar jener P u n k t , an demman

(bei gegebenem Preis) aufhört zu tauschen, weil jedes Plus unvorteilhaft

wäre

3

. — Auch diese Unklarheit

1

In der Rezension: Das Wesen und der Hauptinhalt der theoretischen Nationalökonomie,

in: Zeitschrift für Socialwissenschaft, Jg 12, Heft 6, Berlin 1909, S. 17. — Auf diese

Besprechung und auf jene von K a r l D i e h l (in: Jahrbücher für Nationalökonomie und

Statistik, Jg 44, Jena 1909, S. 813 ff.) wird noch zur Ergänzung mehrfach hinzuweisen sein.

2

Joseph Schumpeter: a. a. O., S. 198.

3

Joseph Schumpeter: a. a. O., S. 200 ff.