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artigen Bestrebungen in unserer Wissenschaft von vornherein

energisch entgegenzutreten. Es heißt:

„Wollen wir in irgend ein Problem Einsicht gewinnen, so müssen wir eigentlich alle

individuellen Tatsachen betrachten, welche auf dasselbe Bezug haben. Sicherlich ist das der

einzige Weg, der zu vollkommenen Resultaten führt. .. ein Versuch diesen Weg zu betreten,

würde uns zweierlei lehren: 1. daß es unmöglich, und 2. daß es für gar keinen Zweck

notwendig ist, a l l e individuellen Tatsachen zu überblicken...

Vor allem beobachten wir unbeschadet der unendlichen M a n n i g f a l t i g k e i t eine

sehr weitgehende A e h n l i c h k e i t unter den Erscheinungen einer Klasse. Jedes Blatt ...

ist verschieden von allen anderen . .. aber im großen und ganzen ist die Zahl der ähnlichen

Merkmale weit größer als die der unähnlichen (!) Außerdem bemerken wir, daß uns nicht

alle Merkmale gleich interessieren; nach dem Grunde dieses Unterschiedes fragen wir nicht

(!) aber sein Vorhandensein ist eine Tatsache, und eine weitere Tatsache ist, daß gerade jene

Merkmale, welche uns am meisten interessieren, jene sind, in d e n e n d i e

A e h n l i c h k e i t a m w e i t e s t e n g e h t . . . aus diesen Gründen (ist) die Kenntnis

eines verhältnismäßig kleinen Bruchteils von Tatsachen ausreichend, um zu bewirken, daß

man sich in dem ganzen Gebiete r e c h t g u t z u r e c h t f i n d e t . Sehr bald wird ein

Punkt erreicht, an dem ein weiterer Zusatz von neuen Tatsachenkenntnissen immer weniger

zu jenem , Z u r e c h t - f i n d e n ' beiträgt . . . schließlich kommen wir an die Stelle, wo

das Bild . .. genau genug ist und weitere Vervollkommnungen wertlos und schließlich störend

(!) werden. Das gilt auch für unser Gebiet. Wohl bereiten sich die Menschen in ihrem

Handeln Ueberraschungen, aber . . . gerade . . . daß man ü b e r r a s c h t ist, beweist, daß

man gewöhnt ist, mit g r o ß e r

S i c h e r h e i t

e i n e

b e s t i m m t e

H a n d l u n g s w e i s e z u e r w a r t e n . . . Woher kommt das? Man könnte versucht

sein, zu antworten: Von der Existenz von großen Gesetzen, was sehr bald auf das Problem

des Determinismus führen würde. Uns liegt nichts ferner als das, wir konstatieren einfach die

Tatsache, daß sich G e n e r a l i s a t i o n e n i n w e i t e m U m f a n g e b e w ä h r e n .

Dabei sind wir uns bewußt, daß wir jeden Augenblick desavouiert werden k ö n n e n , nur

ist es ein Faktum, das wir nicht begründen, sondern nur konstatieren, so auf dem Boden der

Tatsachen bleibend, daß wir im allgemeinen eben n i c h t desavouiert werden .. .

Theorie sowohl wie ,Deskription' gehen dementsprechend v o r . . . In dieser Beziehung

ist also zwischen der Theorie und Geschichte gar k e i n e D i f f e r e n z . Speziell ist

Vorhersage von Erscheinungen das Ziel beider ... Es ist unrichtig, sie in einen prinzipiellen

Gegensatz zu stellen, zu behaupten, daß beiden verschiedene Auffassungen vomWesen einer

Wissenschaft zugrunde liegen. .. Der Unterschied liegt im folgenden: Die Deskription macht

bei der Katalogisierung von Fakten halt, die Theorie nimmt eine Umformung mit denselben

vor ... (zum Zwecke) einer bessern Uebersicht über dieselben. Sie k o n s t r u i e r t e i n

S c h e m a f ü r s i e , d a s d e n Z w e c k h a t , d i e u n ü b e r s e h b a r e F ü l l e

v o n T a t s a c h e n k u r z z u m A u s d r u c k e z u b r i n g e n u n d j e n e s

Z u r e c h t f i n d e n

i n

d e n s e l b e n

i n

s o

k u r z e r

u n d

s o

v o l l s t ä n d i g e r W e i s e w i e m ö g l i c h z u e r r e i c h e n . . .

Aber auf unserem Gebiete besteht dennoch ein großer Unterschied zwischen Theorie und

Deskription: Derselbe liegt jedoch nicht im Wesen der Sache, son-