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„Verzicht auf eine Wirtschaftswissenschaft“ nach Schumpeter selber
bedeuten würde!
Noch manches wäre der Erörterung bedürftig. Ich beschränke mich
darauf, noch das, was Schumpeter über den Individualismus in einem
eigenen Kapitel ausführt
1
, zu berühren. Schumpeter stellt dem politischen
Individualismus, welcher praktisch den Primat des Individuums, das
Prinzip der freien Konkurrenz fordert, die Gegnerschaft gegen staatliches,
sozialpolitisches Eingreifen in sich schließt, einen „methodologischen
Individualismus“ gegenüber, der bloß darin bestehe, daß man bei der
Beschreibung der wirtschaftlichen Vorgänge nicht von der Gesellschaft,
sondern vom Individualismus ausgehe. Diese Unterscheidung ist, obzwar
in einem allgemeinen Sinne nützlich und zulässig, streng genommen nicht
zutreffend. Individualismus im sozialphilosophischen Sinne ist eine
t h e o r e t i s c h e Auffassung — wohlgemerkt: theoretisch, noch nicht
selber politisch — die dem Individuum den prinzipiellen Primat gegenüber
der Gesellschaft zuspricht (man denke an den naturrechtlichen Begriff des
Staates) und aus ihm folgt dann erst eine politische Bestrebung, die
„politischer Individualismus“ ist (aber nicht notwendig durch Theorien wie
die der freien Konkurrenz und dergleichen gestützt werden muß, sondern
zu anderen Forderungen führen kann, wie beispielsweise bei Max Stirner).
Der theoretischen Anschauung des sozialphilosophischen Individualismus
steht die des sozialphilosophischen Universalismus (Kollektivismus)
entgegen, wonach das Ganze gegenüber dem Teil, das heißt die
Gemeinschaft (Gesellschaft) gegenüber dem Individuum den Primat hat.
Gegenüber diesen sozialphilosophischen Ansichten über das prinzipielle
Verhältnis von Individuum und Gesellschaft — die also theoretischer
Natur sind (besonders klar zeigt sich dies z. B. in Fichtes „Naturrecht“,
1796) — hat dann in den sozialen Einzelwissenschaften das theoretisch-
methodische Problem, ob vom Individuum oder vom Ganzen (Gesellschaft,
Volkswirtschaft) auszugehen sei, keinen rechten Sinn. Das ist eine falsche
Problemstellung. Allerdings bildet es auch, und das hebt Schumpeter
richtig hervor, kein Argument für den sozialphilosophischen oder
politischen Individualismus. Aber: auf dem Boden der national-
ökonomischen Theorie selbst hat die sozialphilosophische Unter-
1
Joseph Schumpeter: a. a. O., S. 88 ff.