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V o l k h e i t e n i s t i m l e t z t e n W e s e n e i n g e i s t i g e r

K a m p f , i s t n i c h t e i n K a m p f u m d e n F u t t e r -

p l a t z , u m K o h l e n b e r g w e r k e u n d E r z e , s o n d e r n

e i n S t r e i t u m d a s L e b e n s r e c h t d e r h ö c h s t e n g e i -

s t i g e n W e r t e , w e l c h e d i e m e n s c h l i c h e V e r n u n f t

ü b e r h a u p t h e r v o r b r i n g e n k a n n . Auch in dem Kampfe

der Staaten, der die Geschichte erfüllt, sind es die geistigen Inhalte

der Volkheiten, die, in ihren Staaten organisiert, aufeinandertref-

fen. Jedes Volkstum verficht andere Güter, verteidigt einen ihm

allein eigentümlichen geistigen Standpunkt und einen einzigartigen

Wert. Keines ist ohne Wert, und jedes hat ein Recht des Bestehens —

aber nicht in gleichem Maße!

Und hier ist es an der Zeit, an Fichtes erhabenes Schlußwort in

den Reden an die deutsche Nation zu erinnern, welches den Abschluß

des soziologischen Teiles unserer Betrachtungen bilden soll: „Gehet

Ihr in dieser Eurer Wesenheit zugrunde“, — so ruft er 1808 den

Deutschen zu, die ein 1813 noch als Aufgabe vor sich haben — „so

geht mit Euch zugleich alle Hoffnung des gesamten Menschen-

geschlechts auf Rettung aus der Tiefe seiner Übel zugrunde. Es ist

daher kein Ausweg: Wenn Ihr versinkt, so versinkt die ganze

Menschheit mit, ohne Hoffnung einer einstigen Wiederherstellung.“

Dieses Höchste, das man einem Volke zumuten kann, hat Fichte

uns als unsern heiligen Stolz, als höchstes Ziel, als immerwährende

Aufgabe mit auf den Weg gegeben.

II.

Was ist deutsch?

Wenn es uns auf diese Weise gelungen ist, das Wesen des Volks-

tums zu erkennen, nämlich als geistige Gemeinschaft im Sinne höch-

ster Kulturgemeinschaft, so handelt es sich weiterhin darum, festzu-

stellen, wodurch sich die Deutschheit von den anderen Volkheiten

unterscheidet. Hören wir darüber zuerst unsere Gegner.

Lord Palmerston hat, als Deutschland vor etwa zwanzig Jahren

zum erstenmal begann, eine Flotte zu bauen, von den Deutschen

gesagt: „Sie mögen in den Wolken segeln, sie mögen Luftschlösser

bauen, aber sie sollen keine Schiffe bauen!“ In diesen anmaßenden

Worten, die uns unbewußt das höchste Lob zollen, liegt der Sinn: