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dern nur völkische Geistigkeit im Besondern; es ist gar nicht mög-

lich, sich „international“ zu unterrichten, sondern man kann immer

nur bei Franzosen, Engländern, Deutschen usw. in die Schule gehen,

stets in eine verschiedene, eine bestimmte Schule;

es gibt nicht einmal innerhalb ein und derselben Religion die

gleiche, durch alle Völker hindurchgehende Religiosität. Dieselbe

Religion wird von jedem Volkstum auf andere Weise gelebt. Die

katholische Messe wird in Wien und Rom äußerlich gleich gelesen,

aber die Weise, der innere Ton der Frömmigkeit ist anders.

Aber wenn es keine „Weltbildung“ gibt und nie eine geben wird

— dann gibt es auch eigentlich die „europäische Bildung“ nicht. Wo

fänden wir die? Sondern es gibt eine französische Bildungsrichtung,

eine englische, eine deutsche Bildungsrichtung. Die völkische Eigen-

art, aus welcher die Bildung an der Themse erwächst, aus welcher

Bildung eben diese bestimmte Eigenart sich wieder nährt, ist eine

andere als an der Seine; eine andere die individuelle völkische Eigen-

art, welche wir Deutschen denselben Bildungsinhalten geben. Ähn-

lich gibt es auch in der Natur nicht „Eichen“ schlechthin, sondern

nur individuelle Eichbäume. Kein Baum gleicht dem andern genau,

das Allgemeine erlangt nur im Besondern Wirklichkeit, das Geistige

lebt stets nur als besondere völkische Geistigkeit, als besondere völ-

kische Kultur in der Geschichte. Eine geschichtliche Welt, welche ohne

diese „Narrenkappe“ bestünde, kann ich mir nicht einmal vor-

stellen.

Wohl gibt es eine „Gesellschaft der Nationen“, wie die weltbür-

gerliche Redensart hochtrabend es nennt; nicht aber gibt es, noch hat

es je gegeben eine unvölkische Geistigkeit dieser Nationen. Der „Ge-

sellschaft der Nationen“ soll man sich unbefangen und begierig nach

dem Großen aller Zeiten und Völker widmen; jedes Volkstum soll

trachten, das Höchste der Menschheit in sich zu erbilden und auf seine

Weise darzustellen. Diese einzig echte Art von Weltbürgertum kann

also gerade nur auf völkischer Grundlage aufgebaut werden. —

Auch ist „Volkstum“ nicht das absolut Letzte. Es wird überhöht von

dem geschichtlichen Kulturkreise, in dem es lebt, in dem es Glied

ist, bei uns dem christlich-abendländischen Kulturkreise, dessen

schöpferisches führendes Glied das deutsche Volkstum von jeher

besonders in philosophischer Hinsicht war. Aber gerade dann ist

die christlich-abendländische Kultur nicht unvölkisch, sondern über-

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