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Ihr Deutschen seid ein Volk der Dichter und Denker; Weltpolitik

aber paßt nicht für euch.

Im Grunde das Gleiche sagte fast 100 Jahre früher der Meister

Eichendorff von dem Wesen der deutschen Geistigkeit. Am Anfang

seiner deutschen Literaturgeschichte heißt es: „Die deutsche Nation

ist die gründlichste, innerlichste, folglich, auch die beschaulichste unter

den europäischen Nationen, mehr ein Volk der Gedanken als der

Tat. Wenn aber die Tat nichts ist ohne den zeugenden Gedanken,

und nur erst durch den Gedanken ihre welthistorische Bedeutung

erhält, so dürfen wir wohl sagen, daß diese beschauliche Nation

eigentlich die Weltgeschichte gemacht hat. Dieser Hang, die Dinge in

ihrer ganzen Tiefe zu nehmen, scheint von jeher der eigentümliche

Beruf der germanischen Stämme zu sein. An ihrem tiefen Freiheits-

gefühle ist das römische Weltreich, in welchem die andern mehr oder

minder aufgingen, einst zusammengebrochen.“ (Gallier, Hispanier

und Britannier sind ja in dem römischen Weltreiche aufgegangen, nur

die Germanen haben es zerbrochen.) „Jener Grundzug des deutschen

Charakters, die Beschaulichkeit und der Ernst..."

Nehmen wir diese Worte unsres großen Eichendorff zum Aus-

gangspunkte, so können wir mit dem zunächst sehr schlicht klingen-

den Anspruch, E r n s t u n d I n n e r l i c h k e i t als den Grund-

zug deutschen Wesens zu betrachten, beginnen und uns klar machen,

was denn dieses eigentlich bedeute. Wie steht es da mit andern Völ-

kern, inwiefern sind sie uns überlegen? Die Romanen sind uns an

Temperament und Formensinn überlegen. Die Ostslawen, die Russen,

an Herzensgüte und wohl auch an unmittelbarem metaphysischem

Sinn (um dessen Gestaltungskraft es allerdings fraglich steht, wie

uns Dostojewsky und die Geschichte lehrt); die Deutschen dagegen

neigen zur Härte (ich wenigstens kann mich dieser Meinung nicht

enthalten). Die Engländer haben kräftigen, nüchternen Wirklich-

keitssinn. Aber nicht in die Tiefe der Wirklichkeit zu dringen, son-

dern sie zweckvoll zu meistern, darum handelt es sich ihnen, und

dadurch kommen sie zur Nützlichkeitseinstellung (Utilitarismus). Die

Wirklichkeit wird ihnen überall zum nützlichen Werkzeug. In die-

sem Sinne haben sie mehr Wirklichkeitssinn als wir, und bei nicht

geringer Phantasie Kraft genug, danach zu handeln; so konnten sie

jenes weltbeherrschende Volk werden, das sie tatsächlich sind.