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wird vielleicht auch reich dabei, aber nicht indem man nur wegen

des Erfolges, wegen des äußeren Reichtums allein arbeitet, sondern

durch reine Hingabe an das Werk! Da liegt der Unterschied zwischen

der Richtung in englischem und deutschem Wesen. Innerlichkeit und

Ernst, tiefen beharrlichen Ernst hat am meisten der Deutsche unter

den großen Völkern der heutigen Welt. Unsere Feinde, z. B. Berg-

son, haben uns während des Krieges scheinbar mit Recht, aber in

Wahrheit doch mit Unrecht, den Vorwurf gemacht, wir Deutsche

seien ja gar nicht mehr das Volk der Denker und Dichter, wir seien

materialistisch geworden, Deutschland ein Kapitalistenland, nicht

mehr ein Philosophenland. Ist das wahr?

Sehen wir uns einmal die wirtschaftlichen Leistungen Deutschlands,

z. B. die chemische Industrie, auf ihre Eigenart hin an. Die deutsche

chemische Industrie ist in Wahrheit die Hochschule der Chemie. Dort

hat man von je (und tut es heute noch) planmäßig Wissenschaft be-

trieben, Laboratorien eingerichtet, in jeder Abteilung der Fabrik eine

andere Aufgabe planmäßig bearbeitet, einen andern Fragenkreis

wissenschaftlich durchforscht. So hat man ein ganzes Netz von besten,

einzigartigen Erzeugungsverfahren geschaffen, die nun als Herstel-

lungsgeheimnisse dem deutschen chemischen Großgewerbe seine Welt-

machtstellung sichern. Auf solchem Wege wandelt man nicht in dem

bloßen nackten Gedanken, äußere, außerhalb der Sache liegende Er-

folge zu erzielen, nämlich Geld hereinzubringen (dann hätten ja

andere Völker gewiß ebenso gehandelt!), sondern man ist den Auf-

gaben sachlich, um ihrer selbst willen nachgegangen und hat dabei,

um nur ein Beispiel zu nennen, Farben erzeugt, die nirgends nach-

gemacht werden können. — Oder denken wir an unsere Ingenieur-

bildung. Wenn die Engländer und Amerikaner einen theoretisch

durchgebildeten Ingenieur brauchen, so nehmen sie ihn aus Deutsch-

land oder Österreich, denn die englischen und amerikanischen In-

genieure lernen nicht rechnen, sie sind nur auf den rein praktischen

Griff, z. B. auf Modelle statt mathematischer Formeln, auf das un-

mittelbare Ausprobieren (Experiment) statt wissenschaftlicher Ab-

leitungen eingestellt; wo das nicht genügt, reichen jene Länder mit

ihren eigenen Ingenieuren nicht aus. Bei uns lernen die Ingenieure

zwei Jahre lang Physik und Mathematik, trotzdem es vielleicht etwas

unpraktisch ist, soviel Zeit auf Theorie zu verwenden. Im letzten

Grunde ist es natürlich doch nicht unpraktisch, aber möglich ist ein